Grafik mit Megafon, NRW-Schriftzug und zwei stilisierten Menschen, die auf einem Bücherstapel sitzen

Worum geht es in der politischen Bildung?

Demokratie funktioniert nur dann gut, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Doch wie geht das? Das nötige Wissen und die Fähigkeiten für die Beteiligung an politischen Prozessen zu vermitteln, ist das Ziel der politischen Bildung.

Was ist politische Bildung?

Ziel der politischen Bildung ist, dass die Lernenden zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern werden. Das heißt, politische Bildung will die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, um sich aktiv in politische Prozesse einbringen zu können. Dies wird als Teilhabe bezeichnet. Eine Demokratie lebt von dieser Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger, darum gilt politische Bildung auch als Stützpfeiler der Demokratie.

Das Wissen und die Fähigkeiten, um in unserer Demokratie mitzumischen, eignen wir uns auf verschiedenen Wegen an. Als politische Bildung werden vor allem gezielte, organisierte  Bildungsmaßnahmen bezeichnet. Beispiele sind der Politikunterricht in der Schule oder Weiterbildungen – auch, aber nicht nur im Erwachsenenalter.

„Lernen nebenher“: Was unsere Einstellungen prägt

Auch außerhalb von Bildungseinrichtungen und -angeboten lernen wir vieles, was unsere politischen Einstellungen und Handlungen prägt. Dazu gehören unzählige Erfahrungen, bei denen ein Lernergebnis nicht von vorneherein geplant war. Für Kinder zum Beispiel ist das freie Spielen wichtig, um soziale Kompetenzen und Vorstellungen von Gerechtigkeit zu erwerben. Dieses „Lernen nebenher“ wird als informelles Lernen bezeichnet.

Wichtige Faktoren, die bei Kindern und Jugendlichen das Hineinwachsen in die Gesellschaft beeinflussen, sind vor allem Eltern und der Freundeskreis. Auch Medien spielen eine Rolle. Insgesamt wird der Prozess des Hineinwachsens in die Gesellschaft als Sozialisation bezeichnet.

Dieser Prozess findet unter immer komplexeren Bedingungen statt. Unsere Gesellschaft wandelt sich stark und hat sich weltweit vernetzt, wobei digitale Medien eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Das stellt auch die politische Bildung vor Herausforderungen, so der 16. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung, der 2020 erschienen ist. Demnach muss politische Bildung alle gesellschaftlichen Gruppen erreichen und alle sozialen Räume umfassen. Als sozialer Raum gilt auch das Internet, weshalb politische Bildung digital stattfinden und präsent sein muss.

Was will politische Bildung vermitteln?

In der politischen Bildung geht es darum, das Wissen und die Fähigkeiten zu vermitteln, die nötig sind, um aktiv an politischen Prozessen mitzuwirken. Für die Teilnahme an Wahlen zum Beispiel ist es wichtig, deren Bedeutung zu kennen und zu wissen, wie sie ablaufen. Vor allem ist es wichtig, die möglichen Wahlentscheidungen beurteilen zu können. Doch zur Wahl gehen ist nicht die einzige Möglichkeit, sich in einer Demokratie zu beteiligen.

In der Fachdiskussion wird zwischen verschiedenen Bereichen der politischen Bildung unterschieden. In der Regel geht es zum einen um Wissen, zum anderen um Kompetenzen.

Die Kompetenzbereiche der politischen Bildung können folgendermaßen beschrieben werden (nach dem sogenannten Politikkompetenz-Modell von Detjen, Massing, Richter und Weißeno, siehe bpb.de):

  • Politische Urteilsfähigkeit: Ereignisse, Probleme und Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung analysieren und reflektiert beurteilen können,
  • Politische Handlungsfähigkeit: Meinungen und Interessen formulieren, vor anderen angemessen vertreten, Aushandlungsprozesse führen, Kompromisse schließen können,
  • Methodische Fähigkeiten: Sich selbstständig informieren und orientieren, das eigene Weiterlernen organisieren können.

Das Wissen ist die Voraussetzung, um diese Kompetenzen angemessen einsetzen zu können. Im Mittelpunkt stehen oft das politische System und die politischen Institutionen, zum Beispiel der Bundestag und Parteien. Weitere Themenfelder sind Recht und ethische Normen, Geschichte und Wirtschaft.

Standards für die politische Bildung: Eine offene Diskussion

Das hier beschriebene Modell ist angelehnt an den Entwurf für Bildungsstandards für den Politikunterricht, den die Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung (GPJE) 2003 veröffentlicht hat. Der GPJE-Entwurf war sehr einflussreich und ist in viele Lehrpläne eingeflossen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten steht in der Fachdiskussion die Kompetenzorientierung im Mittelpunkt. Lernende sollen demnach Fähigkeiten erwerben, mit denen sie eigenverantwortlich Aufgaben und Probleme bewältigen können. Zuvor war das Bildungssystem lange Zeit von der Vorstellung eines Bildungskanons geprägt: Lehrpläne schrieben vor, welches Wissen vermittelt werden soll.

Was ist wichtig in der politischen Bildung?

Die Politische Bildung ist viel stärker als andere Bereiche von der Einsicht geprägt, dass Lernende nicht bevormundet werden dürfen. Die heute geltenden Grundsätze der Politischen Bildung wurden entscheidend beeinflusst durch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.

Die wichtigsten Grundsätze wurden 1976 im sogenannten Beutelsbacher Konsens festgehalten. Demnach ist der wichtigste Grundsatz der Politischen Bildung in der Demokratie, dass sie keine bestimmten Sichtweisen bevorzugen darf – sie darf nicht indoktrinieren. Sie soll den Lernenden Raum geben, ihr eigenes politisches Weltbild zu entwickeln.

Damit eng verknüpft ist ein weiterer Grundsatz: Politische Bildung muss berücksichtigen, dass es unterschiedliche Meinungen geben kann. Was in der Gesellschaft kontrovers gesehen wird, muss auch in der politischen Bildung kontrovers dargestellt werden.

Diese Grundsätze werden oft als Überwältigungsverbot und Kontroversitätsgebot bezeichnet. Sie bedeuten jedoch nicht, dass politische Bildung völlig neutral ist. Sie tritt ausdrücklich für demokratische Werte ein und gegen Positionen, die damit unvereinbar sind, wie z.B. Rassismus.

Die Frage, wie politisch Lehrkräfte auftreten und sich äußern dürfen, sorgt immer wieder für Debatten. Ein Überblick findet sich in der Zeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte auf bpb.de.

Muss politische Bildung immer neutral sein?

Der Beutelsbacher Konsens legt die Grundsätze der politischen Bildung fest. Doch was genau sind die Inhalte? Und wie ist der Konsens entstanden?

Unser Clip gibt Antworten.

zum Download in der Mediathek (CC-BY-SA 4.0.)

Muss politische Bildung immer neutral sein?

Politische Bildung darf niemanden zu einer bestimmen Meinung drängen. Heißt das, dass sie immer neutral sein muss? Oder darf sie auch Stellung beziehen?

Unser Clip klärt in knapp zwei Minuten über die Grenzen des Neutralitätsgebots auf.

zum Download in der Mediathek (CC-BY-SA 4.0.)

„Politische Bildung im öffentlichen Auftrag arbeitet pluralistisch, überparteilich und unabhängig“

Diese Formulierung stammt aus dem Münchner Manifest, das 1997 von den Landeszentralen und der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht wurde. Es ist ein weiteres Grundsatzdokument zur politischen Bildung in Deutschland. Demnach leistet politische Bildung einen unverzichtbaren Beitrag zur Orientierung angesichts der grundlegenden Veränderungen und Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Der demokratische Rechtsstaat lebt davon, dass sich seine Bürgerinnen und Bürger selbst ein Urteil bilden und sich für demokratische Werte einsetzen, so das Manifest.

Wie kann ich mich über politische Bildung informieren?

Ob Grundsätze, Ziele, Inhalte oder Kompetenzkonzepte – zu den verschiedenen Bereichen der politischen Bildung gibt es eine umfangreiche Fachdiskussion. Sie findet nicht nur an Hochschulen und Forschungseinrichtungen statt. Akteure wie die Landeszentralen und die Bundeszentrale für politische Bildung sowie Stiftungen und außerschulische Bildungseinrichtungen tragen ebenfalls aktiv dazu bei. Ausgewählte Quellen finden sich im nachfolgenden Kasten. Mehr zu den Akteuren im Abschnitt  Wo findet politische Bildung statt?.