Selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger!
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ So steht es im Grundgesetz, Artikel 20, Absatz 2. Seit der Verabschiedung des Grundgesetzes vor über siebzig Jahren hat sich aber das Verständnis davon, wie die Beziehung zwischen den Organen der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und dem Volk gestaltet sein soll, stark geändert.
Zwar ist die Kommunalwahl immer noch der zentrale Termin für die Frage der Machtverteilung in den Räten und Kreistagen sowie für die Auswahl der Leitungspositionen in Gemeinde und Kreis. Aber weder die gewählten Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber noch die Bürgerinnen und Bürger glauben heutzutage, dass eine Wahl alle fünf Jahre ausreicht, um eine lebendige Demokratie zu gewährleisten.
Daher sind auf kommunaler Ebene vielfältige Beteiligungsformen entstanden, die dazu dienen, alle Gemeindemitglieder im Vorfeld von Entscheidungen einzubeziehen und nach ihrer Meinung zu fragen. Das kann auf verschiedene Weise geschehen. Zum Beispiel in regelmäßig tagenden Beiräten, durch Informationsveranstaltungen, Einspruchs- und Widerspruchsverfahren im Planungsrecht oder durch eine regelmäßige Mitarbeit von sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern in einem Ratsausschuss. Außerdem bieten viele Kommunen in ihren Rats- oder Ausschusssitzungen Einwohnerfragestunden an.
Die Bürgerinnen und Bürger üben ihr Recht auf Kontrolle der Verwaltung und der Politik oft aber auch selbstbewusst und ohne Einladung von oben aus. Sie sammeln zum Beispiel Unterschriften, protestieren oder organisieren sich in Bürgerinitiativen. Diese entstehen häufig dann, wenn Interessenskonflikte auftauchen, zum Beispiel beim Neubau von Straßen oder Gewerbegebieten. Oder die Bürgerinnen und Bürger entscheiden in einer Sachfrage selbst, im Rahmen eines kommunalen Bürgerentscheids.
Politik und Verwaltung sind gut beraten, eine Auseinandersetzung mit ihren Gemeindemitgliedern nicht als Tauziehen zu betrachten, bei dem sich die stärkere Fraktion durchsetzt, sondern auch diese Art von Intervention als Beitrag zur Suche nach der besten Lösung eines politischen Problems zu sehen. Denn: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.