Der Staffelstab von Rudi Löwenstein
Erinnerung an drei Freunde: Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
Der Staffelstab aus der Dauerausstellung der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf hat eine bewegende Reise hinter sich. Im Gepäck eines Jugendlichen gelangte er im Februar 1939 von Düsseldorf nach England. Sein Besitzer Rudi Löwenstein war Ju-de. Er floh vor den Nationalsozialisten und lebte bis zu seinem Tod 2004 in Kanada. Den Staffelstab behielt er als Erinnerung an drei gute Freunde aus Düsseldorf: Kurt Eckstein, Heinz Jokl und Werner Philipp.
Die Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus wurde 1987 als städtisches Kulturinstitut auf Initiative des Stadtjugendrings sowie von verschiedenen Opferverbänden eröffnet – über 40 Jahre nach Ende der NS-Herrschaft. Seit dieser Gründung hat das Haus immer mehrere Aufgaben zugleich wahrgenommen: Es war und ist Gedenkstätte und zeitgeschichtliches Museum mit Dauer- und Wechselausstellungen, aber auch Lernort in der außerschulischen Bildungsarbeit, Forschungsinstitut, Archiv und Dokumentationsstätte, Begegnungsraum und Bürgerforum für Geschichtspolitik und Erinnerungskultur.
Die ehemalige Dauerausstellung unter dem zeittypischen Titel „Verfolgung und Widerstand in Düsseldorf 1933 – 1945“ war bis 2011 zu sehen. Von 2013 bis 2015 wurde das historische Gebäude, in dem sich vor 1945 die Polizei, die Ge-stapo, die örtliche SS sowie kommunale Verwaltungseinheiten befunden hatten, grundlegend umgebaut und renoviert. Seit der Wiedereröffnung im Mai 2015 – 70 Jahre nach Kriegsende – ist das Haus mit verdreifachter Gesamtgröße, moderner Ausstattung, interaktiver Medientechnik und größtmöglicher Barrierefreiheit wieder zu besuchen. Das Haus ist somit beides: traditionell verankert und zugleich hoch aktuell aufgestellt. Mehr als 30.000 Besucherinnen und Besucher bestätigen diese Mischung.
Kern- und Herzstück des Hauses ist die neue Dauerausstellung. Unter dem Titel „Düsseldorfer Kinder und Jugendliche im Nationalsozialismus" wurden in den grundrenovierten und erweiterten Räumlichkeiten Lebenswege und Erfahrungen junger Menschen aus Düsseldorf vorgestellt. Die Ausstellung versucht nicht zu belehren, sondern Kommunikationsanlässe zu schaffen. Immer steht die Frage nach Handlungsmöglichkeiten und Handlungsspielräumen im Mittelpunkt, die Kinder und Jugendliche im Alltag hatten.
Trotz wachsender Vielfalt der Arbeitsschwerpunkte und Programme gilt für Düsseldorf wie für die meisten Gedenkstätten, dass der Stellenwert der Erforschung der eigenen Grundlagen eher noch zugenommen hat. Das Wissen darüber, was am Ort geschehen ist, wer auf welche Weise beteiligt war, ermöglicht es, sich mit dem konkreten Handeln von Tätern, Zuschauern und Opfern auseinanderzusetzen und deren Entscheidungen, Handlungsspielräume und Motive zu reflektieren.
Gewissermaßen „im Hintergrund“ wurde in den vergangenen Jahren Grundlagenforschung geleistet: Erforscht wurden etwa die Geschichte der Düsseldorfer Deportationen, die Rolle der regionalen Kriminalpolizei bei der Verfolgung von angeblich „Asozialen“ oder „Berufsverbrechern“ (2015 bis 2018), die Morde, die es in Rheinland und Westfalen während der Novemberpogrome von 1938 gegeben hat (2018), die Geschichte der nationalsozialistischen Justiz in Düsseldorf (2018) oder die Geschichte der berühmten Königsallee und ihrer Anwohner und Anwohnerinnen während der NS-Herrschaft (2016/2017). Entsprechende Publikationen fanden einen breiten Leserkreis.
Die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf gehört zu den größten Einrichtungen ihrer Art in Nordrhein-Westfalen. Die Gedenkstätte kann als etablierte und anerkannte städtische Kultureinrichtung angesehen werden. Als Indikatoren dafür können gelten, dass die Stadt den Erhalt der Gedenkstätte im ehemaligen Stadthaus für mindestens 30 Jahre zur Voraussetzung des Verkaufs der Gebäude an den Hotelunternehmer gemacht hat und dass die Kosten für Umbau und Erweiterung der Gedenkstätte sowie Konzeption und Umsetzung der Ausstellung weitestgehend ohne die Förderung Dritter von der Stadt selbst aufgebracht worden sind. Der Rest des stattlichen Gebäudekomplexes im Herzen der Altstadt ist heute ein luxuriöses Hotel. Dass eine solche Unterkunft sich das Gebäude mit einer NS-Gedenkstätte teilt, ist vermutlich weltweit einzigartig und nur in Düsseldorf möglich.
Mehr Informationen: http://www.gedenk-dus.de