Verdi schließt neue Streiks im ÖPNV nicht aus: Ist das Vorgehen der Gewerkschaften in NRW gerechtfertigt?

29.02.2024
Bild eines Busdepots

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Kurzfassung

Wie in ganz Deutschland scheinen auch in NRW die Streikwellen nicht abzuebben. Nach den Streiks im öffentlichen Personennahverkehr am 15. Februar könnte im März bereits der nächste Streik im ÖPNV bevorstehen. Denn geeinigt haben sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und die Gewerkschaft ver.di noch lange nicht.

Weitere Streiks könnten folgen

Weitere Arbeitskampfmaßnahmen kann ich nicht ausschließen“, ließ Verdi-NRW-Nahverkehrsexperte Peter Büddicker nach den Verhandlungen am 16. Februar verlauten – einen Tag nach den flächendeckenden Streiks in NRW. Neben mehr Lohn fordert die Gewerkschaft insbesondere zusätzliche freie Tage. Diese sollen die Berufe im ÖPNV attraktiver gestalten. „Was wirklich fehlt, sind junge Bewerber“, begründete Büddicker den Arbeitskampf gegenüber der DPA.

Auch bei der Deutschen Bahn könnte es weiter zu Streiks kommen: Zwar verhandeln die Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) wieder – dennoch liegen die beiden in ihren Vorstellungen wohl weit auseinander. Ende Januar hatte die Bahn bereits für rund fünf Tage gestreikt. Sollten sich Bahn und GDL bis zum 3. März nicht einigen können, droht unter Umständen sogar ein unbefristeter Streik. Dabei hatte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) schon im Januar die Streikwelle der GDL heftig kritisiert: „Der Streik trifft Pendlerinnen und Pendler genauso wie die Wirtschaft ins Mark“, warf der Grünen-Politiker der Bahn damals vor und weiter: „Das belastet das System Schiene weiter und steht dem Ziel, mehr Menschen und Güter auf der Schiene zu transportieren, diametral entgegen.“

Ist Verständnis mit dem Vorgehen der Gewerkschaften trotzdem angebracht? Sind Streiks das richtige Mittel?

Acht Perspektiven

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„Warum Deutschland nicht zum Streikland wird“

Deutschlandfunk, 02.02.2024 - n.n.

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Auch wenn es manchmal so scheinen mag: „Durch das deutsche Streikrecht sind auch in Zukunft keine französischen Verhältnisse zu erwarten“, stellt der öffentlich-rechtliche DEUTSCHLANDFUNK in einem Hintergrundartikel anlässlich der Streiks in den letzten Wochen klar. Im Zuge der derzeitigen Streikwellen hat sich der Sender einmal mit dem gesetzlichen Rahmen von Streiks in Deutschland beschäftigt. Dabei ist klar: In Deutschland unterliegen Streiks klaren Regelungen.

So dürfe nur für Tarifverträge gestreikt werden. „Grundlage für dieses Streikrecht bildet die im Grundgesetz formulierte Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3). Streiks, die ein übergeordnetes politisches Ziel verfolgen, sind also nicht erlaubt. Hinzu kommt, dass nur Gewerkschaften dieses Streikrecht wahrnehmen dürfen“, fasst der DEUTSCHLANDFUNK zusammen. Beamte dürfen nicht streiken.

Auch während Tarifverhandlungen dürfe nicht gestreikt werden – denn hier herrsche die sogenannte „Friedenspflicht“. „Diese gilt auch während der Laufzeit eines Tarifvertrages. Und wenn es in einem Tarifstreit nicht zur Einigung kommt, müssen die Gewerkschaftsmitglieder in einer Urabstimmung über weitere Streiks abstimmen.“ Ausnahmen seien nur die Warnstreiks – die laut DEUTSCHLANDFUNK aber nur wenige Stunden andauern dürfen. Im Übrigen werde auch nicht unbedingt mehr gestreikt als in den letzten Jahren, in denen auch schon viel gestreikt worden sei. Aber durch die bestreikten Sektoren wie Nahverkehr, Flugverkehr, und öffentlicher Dienst sind derzeit besonders viele Menschen von den Streiks betroffen. Das sende ein anderes Bild, als wenn beispielsweise in der Metall- oder Chemieindustrie gestreikt werde.

Anmerkungen der Redaktion

Der DEUTSCHLANDFUNK ist 1962 als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegründet worden. Er ist eines der drei bundesweiten Hörfunkprogramme des DEUTSCHLANDRADIOS und hat einen Wortanteil von 80 Prozent. Das Programm beschäftigt sich besonders tagsüber mit tagesaktuellen Geschehnissen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. In den Abendstunden liegt der programmatische Schwerpunkt auf Kulturthemen wie Musik, Hörspielen, Lesungen und entsprechenden Berichten. Der DEUTSCHLANDFUNK sendet klassisch linear, jedoch betreibt er auch eine umfangreiche Audiothek und diverse Podcasts, wo Inhalte auch nicht-linear konsumiert werden können. Laut der Mediaanalyse „ma Audio 2022“ hat der DEUTSCHLANDFUNK in einem abgefragten 4-Wochen-Zeitraum 2022 täglich rund 2,84 Millionen Zuhörerinnen und Zuhörer erreicht. Damit ist die Einschaltquote im Vergleich zum vorigen Jahr gestiegen.

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„Es gibt rationale Gründe für die höheren Lohnforderungen“

General-Anzeiger, 13.02.2024 - Wolfgang Mulke

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Das Leben ist viel teurer geworden“, liefert der freie Journalist Wolfgang Mulke eine Begründung für die derzeitigen Streiks. Im badischen GENERAL-ANZEIGER schlägt er sich auf die Seite der Streikenden: Dass derzeit so viel gestreikt werde, habe durchaus seine Berechtigung, findet Mulke.

Den Grund für die Streiks sieht Mulke allen voran in der Inflation der vergangenen Monate. Für alle werde das Leben um einiges teurer. Da sei es nur fair, von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern dafür einen Ausgleich zu verlangen. „Die Tarifabschlüsse erreichen in der Praxis nicht einmal einen Inflationsausgleich. Denn zweistellige Zuwächse beim Entgelt verteilen sich auf längere Zeiträume. Von unbescheidenen Forderungen kann daher auch nicht die Rede sein“, stellt Mulke darüber hinaus klar.

Zudem gibt der Journalist zu bedenken: „Das Rekordjahr in Sachen Streik liegt schon lange zurück. Das war 1973 unter ähnlichen Voraussetzungen, einer nach dem Ölpreisschock sehr hohen Inflation. Die Arbeitskämpfe flauten mit dem Rückgang der Teuerungsrate wieder ab.“

Anmerkungen der Redaktion

Wolfgang Mulke ist freier Journalist. Er berichtet unter anderem als Korrespondent für die SCHWÄBISCHE ZEITUNG und für die Wirtschaftsredaktion der BADISCHEN ZEITUNG. Er kümmert sich dabei insbesondere um Verbraucher- und Verkehrsthemen, die Rentenpolitik und die private Altersvorsorge. Der studierte Politikwissenschaftler geht seiner Arbeit als freier Autor seit 1989 nach. Seitdem hat für viele verschiedene Medien geschrieben, darunter für die FUNKE Mediengruppe, die bayerische Zeitung MÜNCHNER MERKUR und die Tageszeitung GENERAL-ANZEIGER. Mulke berichtet vor allem über Hauptstadtpolitik und ist auch als Ratgeber-Autor für die Stiftung Warentest tätig.

Der GENERAL-ANZEIGER ist eine regionale Tageszeitung im Raum Bonn. Sie unterhält neun verschiedene Lokalausgaben, erscheint mit einer verkauften Auflage von rund 50.000 Exemplaren (2/2023) und erreicht laut eigener Aussage 160.000 Leser:innen. Sie ist außerdem eine Partnerzeitung der RHEINISCHEN POST. Die Zeitungsgruppe Ostfriesland, zu der auch der GENERAL-ANZEIGER gehört, kooperiert seit 2020 mit der „Vermarktungsgemeinschaft Neue OZ – Zeitungsgruppe Südwest-Niedersachsen“ zu der u.a. auch die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG (NOZ) gehört.

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„Wann die Räder stillstehen“

Die Tageszeitung (TAZ), 03.02.2024 - Pascal Beucker

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Inlandsredakteur Pascal Beucker von der linken TAGESZEITUNG (TAZ) findet die derzeitigen Warnstreiks eine gute Sache – und das nicht nur wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten. Die Streiks können seiner Ansicht nach auch zu besseren Arbeitsbedingungen in vielen Branchen beitragen und die Gewerkschaftskultur generell fördern. Denn wenn öffentlichkeitswirksam gestreikt werde, könnte das den Gewerkschaften wieder neue Mitglieder bringen.

Insgesamt sei die Macht der Gewerkschaften in den letzten Jahren nämlich nicht gestiegen, sondern geschrumpft. Zwar habe sich der Deutsche Gewerkschaftsbund 2023 wieder über ein „kleines Mitgliederplus“ freuen können. Betrachte man jedoch den Trend der vergangenen Jahrzehnte, so seien die Mitgliedszahlen in den Gewerkschaften konstant gesunken. „Und das bei insgesamt steigenden Beschäftigtenzahlen“, gibt Beucker zu bedenken.

„Zudem arbeiten nur noch 51 Prozent der Beschäftigten in einem tarifgebundenen Unternehmen. So täuschen öffentlichkeitswirksame Streiks wie die im Verkehrssektor darüber hinweg, dass mehr als 80 Prozent der Beschäftigten noch nie in ihrem Berufsleben an einem Streik teilgenommen haben“, führt der Inlandsredakteur der TAGESZEITUNG weiter aus. Das bedauert der Redakteur: Denn viele Branchen – wie beispielsweise der Einzelhandel – könnten ihm zufolge ebenfalls von besseren Arbeitsbedingungen profitieren. Eine Gewerkschaftskultur sei dort aber noch nicht zu erkennen: Zu wenige Beschäftigte seien in Gewerkschaften organisiert, um wirksam für bessere Arbeitsbedingungen streiken zu können. Die derzeitigen Streiks könnten dabei helfen, diesen Umstand zu ändern, hofft Beucker.

Anmerkungen der Redaktion

Pascal Beucker ist seit 1999 Redakteur bei der TAZ. Seit 2014 ist er im Inlandsressort der Zeitung tätig und gehört dem Parlamentsbüro an. Darüber hinaus schreibt er für die linke Wochenzeitung JUNGLE WORLD und ist Autor dreier Bücher zur deutschen Bundespolitik. In diesen Büchern kritisiert er unter anderem das Berufsbeamtentum, das „ineffizient und ungeeignet zur Sicherstellung eines modernen öffentlichen Dienstes“ sei. Seit der COVID-19-Pandemie hat er in der TAZ öfter kritisch über bundesweite Lockerungsmaßnahmen geschrieben. Der studierte Politikwissenschaftler engagierte sich in seiner Jugend bei den Jungdemokraten (bis 1982 Jugendorganisation der FDP, danach parteiunabhängig) und den Grünen.

Die TAGESZEITUNG (TAZ) ist eine überregionale deutsche Tageszeitung. Sie wurde 1978 als alternative, selbstverwaltete Zeitung gegründet – unter anderem vom Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele. Die Zeitung hat sich besonders in ihrer Anfangszeit an Linke, Studierende, Grüne und die Hausbesetzer-Bewegung gerichtet. Erklärtes Ziel der TAZ ist es seither, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Sie gehört heute zu den zehn größten überregionalen Tageszeitungen in Deutschland, mit einer verkauften Auflage von rund 43.000 Exemplaren (3/2023). Nach eigenen Angaben verzeichnet die Webseite TAZ.DE bis zu 14 Millionen Zugriffe monatlich (1/2023). Das Goethe-Institut verortet die TAZ als „grün-linkes“ Blatt und betont besonders die oft sehr kritische Berichterstattung der Zeitung. Eurotopics sieht die TAZ als linkes Medium und stellt die gestaffelte Preisgestaltung und die Entscheidung gegen Online-Bezahlschranken als Besonderheiten der Zeitung heraus. Die TAZ wird genossenschaftlich herausgegeben, jährlich findet eine Generalversammlung statt, an der jedes der zuletzt (2023) knapp 23.000 Mitglieder teilnehmen kann. Die Chefredaktion teilen sich Barbara Junge, Ulrike Winkelmann und Katrin Gottschalk.

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„Reguliert euch, bevor wir es tun!“

Wirtschaftswoche, 20.02.2024 - Thomas Stölzel

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Dass Verdi das Bodenpersonal ausgerechnet in den Schulferien zum Warnstreik aufruft, darf man als böswilligen Tabubruch einstufen“, kommentiert WIRTSCHAFTSWOCHEN-Redakteur Thomas Stölzel die derzeitigen Verdi-Streiks im Flug- und Öffentlichen Personennahverkehr kritisch. Mit ihren Streiks überschreiten die Gewerkschaften dem Innovations- und Digitalredakteur zufolge mehrere rote Linien.

Denn die Streiks greifen in das Leben vieler Menschen ein – und das für viele auch noch zur Ferienzeit. „Familien, ja Kindern, ihrer Urlaubsreise zu berauben, um ein paar Prozentpunkte mehr Gehalt herauszuholen, das sprengt den Rahmen der Verhältnismäßigkeit“, kritisiert Stölzel daher. Schon im Juli 2022 habe Verdi das Flughafenpersonal zu Streiks in Ferienzeiten aufgerufen.

Selbst der berüchtigte GDL-Chef Claus Weselsky habe sich nicht zu solchen Maßnahmen hinreißen lassen. So habe er bewusst auf einen Streik in den Weihnachtsfeiertagen 2023 verzichtet. „Dass er stattdessen den ersten unbefristeten Bahnstreik seit sehr langer Zeit begann, macht die Sache nicht besser – sondern zeigt nur: Es muss endlich eine klare Regelung her, die die Gewerkschaften zu mehr Anstand im Arbeitskampf zwingt“, wirft Stölzel dennoch ein. Die Gewerkschaften sollten sich seiner Ansicht nach schnell selbst regulieren – ansonsten werde der Staat irgendwann eingreifen.

Anmerkungen der Redaktion

Thomas Stölzel ist Journalist und Redakteur im Ressort „Innovation & Digitales“ der WIRTSCHAFTSWOCHE. Dort schreibt er unter anderem den Beitrag zum „Start-up der Woche“. Er hat außerdem eine Software mitentwickelt, die dabei hilft, digitale Erzählformate multimedial und interaktiv aufzubereiten. Für seine interaktiven Beiträge ist er unter anderem mit dem Medienpreis für Luft- und Raumfahrt ausgezeichnet worden.

Die WIRTSCHAFTSWOCHE ist eine seit 1926 bestehende überregionale Wochenzeitung mit Sitz in Düsseldorf, deren verkaufte Auflage zuletzt bei gut 91.000 lag (IVW Q3/2023). Sie erscheint im Handelsblatt Verlag, der mit dem HANDELSBLATT eine weitere renommierte Wirtschaftszeitung herausgibt. In ihrer Ausrichtung gilt die Zeitung als wirtschaftsliberal. Die WIRTSCHAFTSWOCHE gehört zu den Pflichtblättern an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt und erfährt Aufmerksamkeit vor allem über ihre Berichterstattung mit Rankings, etwa zu Hochschulen oder Städten. Der Vermarkter Iq Media zeichnet die Hauptzielgruppe der WIRTSCHAFTSWOCHE als männlich, mittelständisch und überdurchschnittlich wohlhabend.

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„Streiks sollten immer nur das letzte Mittel sein“

Neue Zürcher Zeitung, 01.02.2024 - Michael Rasch

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Michael Rasch blickt kritisch auf die derzeitigen Streiks – insbesondere beim ÖPNV und dem Flughafenpersonal. Zwar sei die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer:innen zu verstehen. Doch in der liberalkonservativen NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG (NZZ) kritisiert der Wirtschaftsjournalist vor allem, dass vor der Arbeitsniederlegung teilweise kaum verhandelt worden sei: „Das ist falsch, denn Streiks sollten die Ultima Ratio sein“ – also erst das letzte Mittel.

Rasch sieht in den aktuellen Streiks eine problematische Entwicklung. Bislang seien Lohnverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeber:innen eine Stärke in Deutschland gewesen. Ja, es sei auch früher gestreikt worden. Aber immer erst nach langen Verhandlungsrunden ohne Ergebnisse. Dem entgegen habe die Gewerkschaft Verdi nun bereits nach einer Verhandlungsrunde die Arbeit niedergelegt. Wenn dies für Gewerkschaftsführer:innen zur Regel werde, „müssen sie sich nicht über Rufe zur Einschränkung des Streikrechts wundern“, findet Rasch.

Zudem nutzen die Gewerkschaften dem Wirtschaftsjournalisten zufolge die derzeit angespannten wirtschaftlichen Gegebenheiten – wie den Arbeits- und Fachkräftemangel – für ihre Verhandlungen aus. „Das ist beschämend“, findet Rasch.

Anmerkungen der Redaktion

Michael Rasch ist ein Schweizer Wirtschaftsjournalist und seit 2016 der Wirtschaftskorrespondent der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG in Frankfurt. Der studierte Betriebswirt hat sein Volontariat an der Georg-von-Holtzbrinck-Schule absolviert, die zur Verlagsgruppe Handelsblatt gehört. Rasch hat außerdem den Schweizer Medienpreis für Finanzjournalisten und den deutschen Finanzjournalistenpreis gewonnen.

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (NZZ) ist 1780 gegründet worden und gilt als Leitmedium im deutschsprachigen Raum sowie als wichtigste überregionale Tageszeitung der Schweiz. Die NZZ wird von EUROTOPICS als liberal-konservativ bezeichnet und hat nach eigener Angabe eine „freisinnig-demokratische“ Ausrichtung. Der NDR schreibt, die NZZ sei gekennzeichnet von einer „urliberalen Haltung, Weltoffenheit und einem nüchternen Ton“; der Medienwissenschaftler Uwe Krüger sieht sie als konservativ, liberal und bürgerlich. Seit Eric Gujer 2015 Chefredakteur wurde, spricht etwa der DEUTSCHLANDFUNK von einem „Rechtsrutsch“ in der Berichterstattung. Der NDR befindet, Gujer habe die „NZZ um typisch rechtskonservative Themen und Meinungen erweitert“. Im Jahr 2020 hat die NZZ-Mediengruppe zum ersten Mal mehr als 200.000 zahlende Abonnentinnen und Abonnenten erreicht (2022: 209.300). Zudem konnten sie im selben Jahr mehr als 30.000 neue Leserinnen und Leser gewinnen.

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„Warum streiken gerade so viele?“

ZDF, 01.02.2024 - Jana Nieskes, Alexander Gallas

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Alexander Gallas analysiert, wieso aktuell in Deutschland so viel gestreikt wird. Nach den Bauernstreiks Anfang des Jahres haben mittlerweile auch die Bahn, das Flughafenpersonal und der ÖPNV die Arbeit für mehrere Tage niedergelegt. Im Interview mit ZDF-Journalistin Jana Nieskes erklärt der Streikforscher den Grund für die vermehrten Streiks: Arbeitnehmer:innen sind durch schlechte Arbeitsbedingungen gestresst und finanziell durch steigende Preise bereits vorbelastet.

Aktuell gebe es in Deutschland eine „große Frustration über die Arbeitsbedingungen“. Dazu zählen laut Gallas ein hohes Stresslevel und eine hohe Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zu sehen sei das in vielen Bereichen, zum Beispiel in der Pflege, in Kitas und Schulen sowie bei der Bahn und dem ÖPNV. Grund für den Stress der Angestellten sei der Arbeitskräftemangel.

Dazu kommt, wie Gallas meint, dass es durch die Inflation bereits für viele schwieriger ist, ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Das führe dazu, dass der Lohn der Angestellten nicht mehr unbedingt ausreicht und es zu sogenannten „Reallohnverlusten“ kommt: „Die Leute haben weniger Geld in der Tasche und finden es schwierig, über die Runden zu kommen.“ Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehe also mehr auf dem Spiel und sie werden streikbereiter.

Anmerkungen der Redaktion

Alexander Gallas ist Politikwissenschaftler und Streikforscher. Aktuell arbeitet er als Dozent für Politikwissenschaften an der Universität Kassel. In seinen Forschungen beschäftigt er sich mit Arbeitskämpfen und Streiks, globalen Arbeitsstudien sowie Staats- und Klassentheorien. Er hat an der Lancaster Universität im Fach Soziologie promoviert. Mitte 2024 wird sein zweibändiges Buch „Exiting the Factory: Strike and Class Formation beyond the Industrial Sector“ erscheinen. Dort untersucht Gallas aus der Perspektive der globalen Arbeitsstudien, wie Arbeitsniederlegungen von Beschäftigten im Dienstleistungssektor und im öffentlichen Dienst zu Klassenbildungsprozessen beitragen.

Jana Nieskes ist Journalistin. Aktuell arbeitet sie für das ZDF. 2021 hat sie ihren Bachelor in Online-Journalismus abgeschlossen. Ihre Bachelorarbeit hat sich mit der Berichterstattung deutscher Nachrichtenmedien im Newsfeed beschäftigt.

ZDF.DE ist die Onlinepräsenz des öffentlich-rechtlichen ZWEITEN DEUTSCHEN FERNSEHENS (ZDF). Das ZDF ist eine der größten Sendeanstalten in Europa und hat seinen Sitz in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks finanziert sich der Sender vor allem über den Rundfunkbeitrag und ist per Programmauftrag dazu verpflichtet, objektiv und ausgewogen zu berichten. Der Einfluss der ZDF-Aufsichtsgremien (Fernsehrat, Verwaltungsrat), die hochrangig politisch besetzt sind, gilt als stark. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2014 darf im Verwaltungsrat maximal ein Drittel der Mitglieder „staatsnah“ besetzt sein, derzeit sind das unter anderem die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reiner Haseloff. Dreyer ist die Vorsitzende des Verwaltungsrats. Laut dem Institut für Medien- und Kommunikationspolitik orientiert sich der Sender medienpolitisch an der britischen BBC und setzt verstärkt auf eine Präsenz im Internet. Die dauerhafte Herausforderung des ZDFs ist seit Jahren dennoch die Bindung jüngerer Publikumsschichten.

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„Streikwelle: Werden Arbeitskämpfe in Deutschland härter?“

WDR, 21.02.2024 - Andreas Poulakos

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Im internationalen Vergleich streiken Deutsche trotz allem wenig“, teilt der WDR-Journalist Andreas Poulakos die Ergebnisse seiner Recherche zur internationalen Streikbereitschaft. Das mag manche angesichts der vermehrten Streiks in Deutschland überraschen. Doch wie Poulakos zeigt, steht Deutschland auf dem inoffiziellen Streikranking im europäischen Vergleich nicht auf den Spitzenplätzen.

Der WDR-Journalist bezieht sich dabei auf Zahlen des „European Trade Union Institutes“ (Etui). Die Statistik von Etui vergleicht die durchschnittlichen Streiktage verschiedener europäischer Staaten pro Jahr. Der Zeitraum bezieht sich auf die Jahre 2000 bis 2022. Die Statistik führt Frankreich mit 105 Streiktagen pro Jahr und pro 1000 Arbeitnehmer:innen an. Danach folgen Belgien mit 98, Finnland mit 87 und Dänemark mit 55 Streiktagen pro Jahr. Erst nach Spanien mit 55 Tagen pro Jahr, Norwegen mit 24 und Großbritannien mit 24 folgt Deutschland auf Platz 8 mit insgesamt nur 18 Streiktagen pro Jahr.

Der Journalist erklärt, dass Deutschland bisher „als eine sozialpartnerschaftlich ausgerichtete Nation“ galt, in der die Gewerkschaften eher auf Konsens und Kompromisse aus seien. Die Zahlen von Etui scheinen dies zu bestätigen. Allerdings könne sich das in Zukunft auch ändern. Das liege daran, dass die Gewerkschaften immer mehr Mitglieder gewinnen. So hat beispielsweise Verdi im vergangenen Jahr laut Poulakos rund 193.000 Neueintritte vermerken können.

Anmerkungen der Redaktion

Andreas Poulakos ist als freier Journalist für den WDR tätig. Dort arbeitet er als freier Mitarbeiter für die App WDR-aktuell sowie die Online-Ausgabe des WDR. Davor hat er für die Tageszeitung DIE WELT sowie für den KÖLNER STADT-ANZEIGER geschrieben.

Der WESTDEUTSCHE RUNDFUNK (WDR) ist die größte der neun Landesrundfunkanstalten der ARD. Er entstand 1956, als sich der NWDR in den NDR und den WDR aufteilte. Die Sendeanstalt hat sechs Radioprogramme und einen Fernsehsender, zu dessen bekanntesten Programmen unter anderem das Politmagazin „Monitor“, die „Sportschau“ oder das Kinderangebot „Die Sendung mit der Maus“ gehören. Laut eigenen Angaben ist der Sender nach Anzahl der Beschäftigten das zweitgrößte Medienunternehmen Europas hinter der BBC. Laut der „Media-Analyse 2022“ erreichen alle Radiosender des WDR zusammen rund 8 Millionen Zuhörerinnen und Zuhörer jeden Tag. Der Webauftritt des WDR hatte im September 2023 laut Similarweb rund 14,7 Millionen Besuche zu verzeichnen.