Nach der Flut-Katastrophe: Die Debatte um mehr Klimaschutz
Kurzfassung
Seit der Flut-Katastrophe wird Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet mit einer Frage immer öfter konfrontiert: Wie steht es um den Klimaschutz in NRW? Und sollte mehr getan werden, um in NRW den Klimaschutz voranzutreiben?
Laschet unterstreicht die Erfolge der Landesregierung: Die extremen Wetterereignisse seien „verbunden mit dem Klimawandel“, erklärte er bei einem Besuch in Hagen. Deshalb sei Nordrhein-Westfalen ja „eines der Länder, das am meisten tut, gegen den Klimawandel zu kämpfen, CO2-Werte zu senken.“ Der Koalitionspartner FDP schließt sich an: NRW sei beim Klimaschutz der Treiber im Vergleich zu den anderen deutschen Bundesländern. „Wir bauen 70 Prozent der Kohleverstromung bei Braun- und Steinkohle ab“, betont etwa Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart im Interview mit dem WDR. Die Landesregierung hat zudem im Juli 2021 ein neues Klimaschutz-Gesetz verabschiedet, das ambitionierte Ziele setzt: Bereits bis 2045 möchte Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland in Deutschland klimaneutral sein – fünf Jahre früher als bisher geplant. Der CO2-Ausstoß soll sich bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 verringern.
Umweltaktivist:innen reicht das nicht. Sie kritisieren, Laschets Landesregierung betreibe „Augenwischerei“. Zwar haben sich die CO2-Emissionen in Nordrhein-Westfalen stark reduziert. Doch das Braunkohle-Land NRW sei trotzdem nach wie vor der Spitzenreiter in Bezug auf Treibhausgase in Deutschland. Die Grünen kritisieren, der Ausstieg aus der Braunkohle 2038 komme deutlich zu spät. Umweltverbände monieren, die Landesregierung bremse den Ausbau von Wind- und Solarkraft aus. Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, kritisiert im Gespräch mit dem REDAKTIONSNETZWERK DEUTSCHLAND: „Sie werden kein einziges Beispiel finden, wo Laschet während seiner Amtszeit als Ministerpräsident wirksame Maßnahmen für den Klimaschutz nach vorne gebracht hat.“
Was ist dran an diesen Vorwürfen? Ist Nordrhein-Westfalen bereits auf einem guten Weg? Oder ist die Klimapolitik zu lasch? Muss das bevölkerungsreichste Bundesland gerade jetzt nach den Hochwassern deutlich mehr für den Klimaschutz tun?
Sieben Perspektiven
Die Perspektive in 30 Sekunden
Die Flut-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen war nicht einfach nur ein Unwetter, warnt SÜDDEUTSCHE-Redakteur Thomas Hummel in einem Kommentar. Die Folgen der Flut seien auch deshalb so verheerend gewesen, weil unter Ministerpräsident Armin Laschet eine Baupolitik durchgesetzt werde, die natur- und umweltfeindlich sei.
„Zu viele versiegelte Flächen“, beobachtet Hummel. Das sei eines der großen Probleme in Nordrhein-Westfalen. „Fällt Regen auf Dächer, Straßen, Parkplätze, kann das Wasser nicht versickern.“ Und in Nordrhein-Westfalen gebe es zu viele solcher Flächen, zu viel Bebauung. Unwetterkatastrophen wie das Hochwasser im Juli treffen NRW deshalb besonders hart, meint er und beruft sich auf Aussagen von Wasserwirtschaftsverbänden. „Die heftiger werdenden Starkregen lassen [...] alles überlaufen. Die Folgen können schwerwiegend sein“, warnt der Journalist.
Deshalb müsse die Landesregierung dringend die Bebauung einschränken, auch wenn das unpopulär sei. Bisher allerdings mache Ministerpräsident Armin Laschet genau das Gegenteil: „Der Ministerpräsident und seine Regierung beschlossen zum Beispiel im Jahr 2019, dass in Nordrhein-Westfalen wieder mehr als fünf Hektar Land pro Tag neu für den Bau von Häusern, Straßen oder Gewerbe verbraucht werden dürfen“, erläutert Hummel. Fünf Hektar war zuvor die Obergrenze. Seit 2019 darf nun noch mehr bebaut werden. Hummel findet: Solche Entscheidungen gingen genau in die falsche Richtung.
Anmerkungen der Redaktion
Thomas Hummel ist Redakteur bei der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Er hat Literaturwissenschaften studiert und später ein Volontariat bei der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG absolviert. Mittlerweile schreibt er dort regelmäßig über Gesellschaft, Politik, Verkehr und Sport. Hummel hat sich vermehrt mit dem neuen Klimaschutzpaket der EU namens „fit for 55“ auseinandergesetzt, das er als „mutig und richtig“ bezeichnet hat. Ein weiterer Fokus seiner Arbeit liegt auf der Recherche zum Thema Umwelt und Fleischkonsum.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (SZ) ist eine deutsche überregionale Tageszeitung aus München. Sie erscheint seit 1945 als Nachfolger der Münchener Neusten Nachrichten. Seit 1947 wird sie von der „Süddeutschen Verlags GmbH“ produziert und ist besonders durch ihre „Seite Drei-Reportagen“ und die kritische Glosse „Streiflicht“ bekannt. Mit einer Auflage von zuletzt 311.000 (2/2021) ist sie in Deutschland nach der BILD die zweitmeist verkaufte deutsche Tageszeitung, auch wenn ihre Auflage insgesamt abnimmt. Die Blattlinie der Zeitung gilt als linksliberal. Zusammen mit dem WDR und dem NDR hat die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG einen investigativen Rechercheverband, der zahlreiche investigative Recherchen veröffentlicht hat, u.a. zu Steuerschlupflöchern und über die Ibiza-Affäre um den FPÖ-Vorsitzenden Strache. Für die Aufklärung über die Panama Papers erhielten SZ-Journalist:innen 2017 einen Pulitzer-Preis für investigative Recherche.
„Kein frischer Wind in NRW“
TAZ, 07.07.2021 - Malte Kreutzfeldt, Bernhard Pötter, Andreas Wyputta
Zum Originalartikel
Die Perspektive in 30 Sekunden
Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen macht genau das Gegenteil dessen, was jetzt eigentlich notwendig wäre, meinen die TAZ-Umweltredakteure Malte Kreutzfeldt, Bernhard Pötter und Inlandskorrespondent Andreas Wyputta. Die erneuerbaren Energien werden im Bundesland gerade von der schwarz-gelben Regierung „aktiv ausgebremst“, urteilen sie.
Am 1. Juli hat die Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) das Klimaschutzgesetz verabschiedet. Doch ausgerechnet das NRW-Klimaschutzgesetz sei so gestaltet, dass es den Klimaschutz nicht fördere, sondern aktiv bremse, kritisieren Kreutzfeldt, Pötter und Wyputta: Wenn Gemeinden ein Windrad bauen wollen, dürfen sie laut Klimaschutzgesetz einen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnhäusern festlegen, berichten die Umweltredakteure. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gelte diese Regel in Nordrhein-Westfalen auch schon bei Mini-Siedlungen „mit nur drei Gebäuden“.
Die Auswirkungen dieses Gesetzes werden dramatisch sein, warnen Kreutzfeldt und Pötter und zitieren den Vorsitzenden des Landesverbands Erneuerbare Energien, Reiner Priggen: „Langfristig ist damit jeder zweite Windkraftstandort in NRW gefährdet.“ Die TAZ-Redakteure zitieren auch Rainer Busemann, den Bürgermeister der sauerländischen Kommune Ense, eine Kommune, die sich als Windkraftpionier versteht: „Wäre dieser Abstand in der Vergangenheit schon auf die Windenergieplanung anzuwenden gewesen, wären in Ense nicht die aktuell 40 Windenergieanlagen entstanden, sondern lediglich 3.“ Für Kreutzfeldt und Pötter zeigt das: Nordrhein-Westfalen ist beim Klimaschutz auf dem falschen Weg. „Auf Wahlplakaten wird die Energiewende gepriesen“, schreiben sie. Doch die Bilanz von Armin Laschet sei katastrophal.
Anmerkungen der Redaktion
Malte Kreutzfeldt, geboren 1971, ist Journalist und Autor. Seit 2007 ist er Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt der TAZ. Der studierte Biologe, Politikwissenschaftler und Anglist war außerdem Pressesprecher des globalisierungskritischen Netzwerks Attac und für die Pressestelle der Fraktion Die Linke im Bundestag tätig. Er widmet sich hauptsächlich der Energiewende und der Finanzpolitik. 2019 deckte er den Skandal um den Lungenarzt Dieter Köhler auf: Dieser Arzt hatte behauptet, Stickoxide in Autoabgasen seien nicht so schlimm wie von der Mehrheit der Wissenschaftler:innen angenommen. Dabei hatte der Arzt falsche Zahlen benutzt und sich mehrfach verrechnet.
Bernhard Pötter ist Journalist im Ressort Wirtschaft und Umwelt bei der TAZ. Für die Zeitung beschäftigt er sich hauptsächlich mit den Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Er hat unter anderem für DIE ZEIT, die WOZ und GEO geschrieben und ist der Autor mehrerer Bücher über Klimapolitik, zum Beispiel des 2008 erschienenen Buchs „Tatort Klimawandel: Täter, Opfer und Profiteure einer globalen Revolution“.
Andreas Wyputta ist Journalist und Inlandskorrespondent für die TAZ. Er hat unter anderem für das Kulturmagazin PERLENTAUCHER und das PUBLIK FORUM geschrieben. Für die TAZ beschäftigt sich Wyputta hauptsächlich mit Themen aus Nordrhein-Westfalen. Bezüglich eines Berichts über die Loveparade hat ihm die Anwaltskanzlei Hoenig aus Berlin mangelnde journalistische Sachkenntnis in Punkto Recht vorgeworfen.
Die TAGESZEITUNG (TAZ) ist eine überregionale deutsche Tageszeitung. Sie wurde 1978 als alternative, selbstverwaltete Zeitung – unter anderem vom Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele – gegründet. Die Zeitung hat sich besonders in ihrer Anfangszeit an Linke, Studierende, Grüne und die Hausbesetzer-Bewegung gerichtet. Erklärtes Ziel der TAZ ist es seither, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Sie gehört heute zu den zehn größten überregionalen Tageszeitungen in Deutschland, mit einer verkauften Auflage von gut 51.000 (1/2021). Das Goethe-Institut verortet die TAZ als „grün-linkes“ Blatt und betont besonders die oft sehr kritische Berichterstattung der Zeitung. Eurotopics sieht die TAZ als linkes Medium und stellt die gestaffelte Preisgestaltung und die Entscheidung gegen Online-Bezahlschranken als Besonderheiten der Zeitung heraus. Die TAZ wird genossenschaftlich herausgegeben, jährlich findet eine Generalversammlung statt, an der jedes der zuletzt (2021) rund 20.000 Mitglieder teilnehmen kann.
„Armin Laschets Klimabilanz“
BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen, 18.07.2021 - Dirk Jansen
Zum Originalartikel
Die Perspektive in 30 Sekunden
Nordrhein-Westfalen tut nicht genug für den Klimaschutz, meint Redakteur Dirk Jansen in einem Beitrag für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Landesverband Nordrhein-Westfalen. Ministerpräsident Armin Laschet rühme sich gerne damit, dass er in NRW so viel für den Klimaschutz erreicht habe. In Wahrheit falle Laschets Bilanz beim Klimaschutz ernüchternd aus.
Besonders stört den Redakteur, dass Laschet sich nach wie vor als „Schutzpatron der Kohleindustrie“ aufführe. Der Großteil der CO2-Emissionen in Nordrhein-Westfalen kommt nach wie vor aus dem Braunkohle-Sektor, erläutert Jansen. „Dennoch hält die Regierung Laschet mit ihrer neuen Leitentscheidung Braunkohle daran fest, bis zum Jahre 2038 weiter Braunkohle abzubauen“, kritisiert er. Allein RWE werde das Recht eingeräumt in den nächsten Jahren bis zu 900 Millionen Tonnen weiterer Braunkohle abzubauen. Dabei dürften maximal noch 235 Millionen Tonnen abgebaut werden, wenn das Ziel des Pariser Klimaabkommens noch erreicht werden soll, warnt Jansen und beruft sich auf ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Laschet setze also weiterhin viel zu stark auf Braunkohle.
Darüber hinaus betreibt die NRW-Landesregierung „Augenwischerei“, wettert Jansen. Zwar stimme es, dass der CO2-Ausstoß sich in Nordrhein-Westfalen gegenüber 1990 deutlich reduziert habe. Aktuell gehe man sogar von einem Rückgang von 45 Prozent im Vergleich zu 1990 aus. Doch dieser Rückgang habe nichts mit Laschets Klimapolitik zu tun. Sondern: Der CO2-Rückgang liege hauptsächlich daran, dass die Kohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen zurzeit nicht ausgelastet seien. Grund dafür ist, dass die CO2-Zertifikate werden teurer werden und es mehr erneuerbare Energien in Deutschlands Energiemix gibt, erläutert Jansen. Trotzdem sei NRW noch immer für 27,5 Prozent der gesamtdeutschen CO2-Emissionen verantwortlich und damit das Bundesland mit dem höchsten CO2-Ausstoß.
Anmerkungen der Redaktion
Dirk Jansen ist Geschäftsleiter für Umwelt- und Naturschutzpolitik, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des BUND Landesverbands Nordrhein-Westfalen. Jansen ist häufig als Experte zu Umweltthemen im ZDF anzutreffen. Er spricht sich gegen die Förderung und Nutzung von Braunkohle zur Energiegewinnung aus. So zeigte er sich als Gegner der Abforstung des Hambacher Forstes: Dieser Wald sollte in Teilen gerodet werden, um Braunkohle zu fördern. Bezüglich der Flutkatastrophe 2021 hat Jansen der Politik Versäumnisse im Klimaschutz vorgeworfen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Landesverband Nordrhein-Westfalen ist ein Landesverband des BUND Deutschland, der mit über 570.000 Mitglieder einer der größten Naturschutzorganisationen Deutschlands ist. Der BUND engagiert sich etwa für Artenschutz, für Klimaschutz oder den Ausbau ökologischer Landwirtschaft. Der BUND hat 16 Landes- und über 2.000 Lokalverbände. Rechtlich gesehen sind die Landesverbände unabhängig vom Bundesverband. Sie sind jeweils eigene eingetragene Vereine. Der BUND Nordrhein-Westfalen publiziert ein monatliches Magazin sowie einen Newsletter für das Bundesland und betreibt zusätzlich eine eigene Pressestelle. Häufig hat er sich gegen Armin Laschets Klimapolitik, z.B. in Bezug auf Windräder und Kohlekraft ausgesprochen. Armin Laschets Politik hat der BUND in einem Artikel als „nicht zukunftsfähig“ bezeichnet. Die Organisation finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.
„Pinkwart (FDP): "Wir sind Treiber des Klimaschutzes"“
WDR 5, 01.07.2021 - Andrea Oster, Andreas Pinkwart
Zum Originalartikel
Die Perspektive in 30 Sekunden
Nordrhein-Westfalens Energie- und Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) gibt sich im Interview mit der Radiomoderatorin Andrea Oster vom WESTDEUTSCHEN RUNDFUNK (WDR) überzeugt: NRW sei beim Klimaschutz auf dem richtigen Weg. „Wir bauen 70 Prozent der Kohleverstromung bei Braun- und Steinkohle ab“, lobt Pinkwart. Das sei das größte Klimaschutzprojekt nicht nur in Europa, sondern weltweit.
Pinkwart verteidigt darüber hinaus das NRW-Klimaschutz-Gesetz, das am 1. Juli verabschiedet wurde. Erstmals gebe es in seinem Bundesland ein Gesetz, das die Ziele der Bundesregierung vor Ort in Nordrhein-Westfalen umsetze. Mit der SPD-geführten Vorgänger-Regierung unter Hannelore Kraft ist ein solches Gesetz nicht zustande gekommen, kritisiert der Wirtschaftsminister. Seine Regierung habe dafür gesorgt, dass in NRW die Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung und der EU in einem Landesgesetzfestgelegt werden. Der Vorwurf, dass das Klimaschutz-Gesetz nicht konkret genug sei, sei zudem falsch: Denn die Vorgaben und Zwischenziele seien ohnehin auf Bundes- und EU-Ebene festgelegt, das müsse nicht in einem Landesgesetz extra festgelegt werden.
Zudem sei Nordrhein-Westfalen, auch was die CO2-Emissionen angehe, schon jetzt „Treiber des Klimaschutzes“, erklärt der Wirtschaftsminister. „2019 hat NRW minus 38 Prozent CO2-Minderung im Vergleich zu 1990 erreicht und Deutschland selbst nur 35,7.“ Auf die Kritik von Umweltschützer:innen, dass Nordrhein-Westfalen trotz der Reduktion nach wie vor den höchsten CO2-Ausstoß aller Bundesländer in Deutschland habe, geht Pinkwart in seiner Argumentation nicht ein.
Anmerkungen der Redaktion
Andreas Pinkwart ist ein deutscher Politiker (FDP) und Wirtschaftswissenschaftler. Von 2003 bis 2011 war er Stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP. Von 2011 bis 2017 ist Pinkwart Rektor der HHL Leipzig Graduate School of Management und Lehrstuhlinhaber für Innovationsmanagement und Entrepreneurship gewesen. Diese Ämter hat er 2017 niedergelegt, als er ins Kabinett Laschet in Nordrhein-Westfalen eintrat. Dort ist er seit 2017 Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie. Pinkwart gilt als Wegbereiter des Deutschland-Stipendiums für Studierende. Er hat zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann abgeschlossen und später ein Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre absolviert. Vor seiner Zeit als Politiker hat er am Institut für Mittelstandsforschung an der Universität Bonn und als wissenschaftlicher Mitarbeiter der FDP-Bundestagsfraktion gearbeitet.
Andrea Oster ist Moderatorin des WDR-Morgenechos und freie Fernseh- und Radiojournalistin. Seit elf Jahren moderiert sie auch beim WDR-Programm „Funkhaus Europa“ die Sendungen Cosmo, Süpermercado und Piazza. Andrea Oster hat Politik studiert.
WDR 5 ist ein werbefreies Hörfunkprogramm des WESTDEUTSCHEN RUNDFUNKS Köln. Der WDR ist die größte der neun Landesrundfunkanstalten der ARD. Er entstand 1956, als sich der NWDR in den NDR und den WDR aufteilte. WDR 5 sendet der WDR seit 1991. Im Jahr 1995 ist das Programm WDR 5 nach dem Vorbild von BBC Radio Four zu einem reinen Wort-Infoprogramm mit den Schwerpunkten Information und Kultur umgebaut worden. Der Sender zeichnet sich dadurch heute durch einen sehr hohen Wortanteil mit Berichten zu kulturellen, wissenschaftlichen und aktuellen Themen aus. Daneben werden Hörspiele, Features, Servicesendungen und ein Programm für Kinder angeboten. Auch Unterhaltungs- und Comedy-Sendungen werden veröffentlicht. In den bekannten „Echo“-Sendungen werden tagespolitische Themen mit aktuellen Hintergrundinformationen beleuchtet.
„Wir brauchen Klimaschutz – aber auch besseren Schutz vor Katastrophen“
Die Welt, 28.07.2021 - Hans von Storch
Zum Originalartikel
Die Perspektive in 30 Sekunden
Viele fordern nun nach der Flut-Katastrophe, dass Nordrhein-Westfalen mehr für den Klimaschutz tun soll. Die Forderung sei falsch, meint Klimaforscher Hans von Storch in einem Meinungsbeitrag für WELT ONLINE. Statt immer nur über Klimaschutz zu sprechen, solle man sich in Nordrhein-Westfalen viel eher darum kümmern, den Katastrophenschutz zu verbessern.
Der Klimaforscher beklagt: Ein grüner Zeitgeist propagiere immer nur die „Klimarettung“. „Was auch immer das sein soll“, ärgert er sich. Natürlich sei Klimaschutz wichtig. Aber an den aktuellen Hochwassern hätte Klimaschutz wenig ändern können, argumentiert von Storch. Erstens weil das Hochwasser durch Starkregen zustande kam, den es auch schon früher gegeben habe. Zweitens, weil weltweit mehr als 35 Gigatonnen CO2 pro Jahr eingespart werden müssten, um die Erwärmung zu stoppen. „Deutschland trägt dazu weniger als eine Gigatonne bei“, erläutert er. Selbst wenn Klimaschutz nun in Nordrhein-Westfalen energischer angepackt werde, werde das nur einen geringen Einfluss auf die weltweite Klimaerwärmung und möglicherweise damit verbundene Extremwetter in NRW haben.
Die Politikerinnen und Politiker sollten deshalb nun volle Kraft darauf verwenden, den Katastrophenschutz zu verbessern. Und nicht immer nur den Klimaschutz im Fokus haben, warnt von Storch. Risikoregionen und Menschen müssten auf die Gefahren von Unwettern in Nordrhein-Westfalen besser vorbereitet werden. Stattdessen aber seien die Umweltminister in Deutschland aktuell nur auf Klimaschutz fokussiert. Das sei die falsche Schlussfolgerung. „Dadurch wird die Bereitschaft, sich auf solche Ereignisse einzustellen, gemindert und die Verletzlichkeit erhöht“, schlussfolgert der Wissenschaftler. Alle die nun lediglich den Klimaschutz forcieren und nicht den Katastrophenschutz, seien „Teile des Problems“.
Anmerkungen der Redaktion
Hans von Storch ist ein deutscher Klimaforscher und Meteorologe. Er ist bis 2015 Professor am Institut für Meteorologie der Universität Hamburg und Leiter des „Instituts für Küstenforschung“ am Helmholtz-Zentrum für Material- und Küstenforschung in Geesthacht gewesen. Er hat Mathematik, Physik und Dänisch an der Universität Hamburg studiert und später in der Meteorologie promoviert und habilitiert. Von Storch ist eine populäre Medienfigur, wenn es um den Klimawandel geht. Er erkennt den menschengemachten Klimawandel als real an. Allerdings steht er der Kommunikationsstrategie vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Politikerinnen und Politiker kritisch gegenüber. Er wirft ihnen vor, vereinfachende und dramatisierende Äußerungen zu verwenden – beispielsweise Todesfabriken statt Kohlekraftwerke – und damit die Seriösität der Klimawissenschaft zu untergraben. Fridays for Future wirft der Klimawissenschaftler vor, nicht über die Komplexität der Umsetzung der eigenen Forderungen nachzudenken. Der AfD wirft er vor, Klimawissenschaft falsch auszulegen und „pure Ideologie“ zu betreiben. Das 1,5-Grad-Ziel des Weltklimarats unterstützt von Storch: Es sieht vor, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
DIE WELT ist eine überregionale Tageszeitung mit Sitz in Berlin, die zum Axel Springer Konzern gehört. Sie wurde 1946 gegründet und erschien zuletzt in einer verkauften Auflage von knapp 72.000 Exemplaren (2/2021). Anfang 2010 lag diese noch bei über 250.000. Chef-Redakteurin der WELT ist seit 2019 Dagmar Rosenfeld. EUROTOPICS bezeichnet die WELT als konservativ. In ökonomischen Fragen positioniert sich die Zeitung meist wirtschaftsliberal. Das Goethe-Institut urteilt, die WELT ziele in ihrer Printausgabe auf „mittelständische Unternehmer und Selbstständige, die konservative Werte schätzen“. Auch WELT-Autor*innen bekennen sich zu den Leitlinien des Axel-Springer-Verlages, die unter anderem ein Eintreten für „die freie und soziale Marktwirtschaft“ sowie Solidarität mit den USA und Israel fordern.
„Für RWE-Chef Schmitz ist der Kohleausstieg 2030 erledigt“
Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), 08.04.2021 - Ulf Meinke, Rolf Martin Schmitz
Zum Originalartikel
Die Perspektive in 30 Sekunden
Der ehemalige RWE-Vorstandsvorsitzende Rolf Martin Schmitz findet die öffentlich geäußerte Kritik, dass der Kohleausstieg 2038 zu spät sei, falsch. Schon ab 2030 werde die Braunkohle-Förderung in Nordrhein-Westfalen nur noch sehr stark eingeschränkt weiterlaufen, verteidigt er im Interview mit dem Wirtschaftsreporter-Podcast der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ). Und ob man schon früher auf Kohleabbau verzichten könne, hänge nicht vom Datum des Kohleausstiegs ab, sondern von dem Ausbau der erneuerbaren Energien, argumentiert Schmitz.
Schmitz erklärt: Erneuerbare Energien haben im Netz immer Priorität. Würden also die erneuerbaren Energien schon früher als 2038 genug Strom liefern, um das Land zu versorgen, wären die Kohlekraftwerke zwar noch am Netz, würden aber entsprechend weniger laufen. Das Problem sei also nicht, dass die Landesregierung beim Kohleausstieg zu langsam sei. Sondern, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht schnell genug vorangehe. Und das wiederum hänge auch an der Zustimmung und dem Rückhalt in der Bevölkerung, betont Schmitz.
Aus seiner Sicht sei es wichtig, hier das „Gemeinwohl der Bevölkerung“ nicht aus dem Blick zu verlieren. Es sei nachvollziehbar, dass viele Menschen eine Windkraftanlage oder eine Stromleitung in der Nähe ihres Wohnhauses nicht akzeptieren wollten. Deshalb gelte es, Kompromisse zu finden. Wenn jede Bürgerin und jeder Bürger in Nordrhein-Westfalen bereit sei, die Nachteile von Windkraft in der Nähe der eigenen Wohnung zu akzeptieren, dann sei auch ein früherer Kohleausstieg als 2038 kein Problem.
Anmerkungen der Redaktion
Rolf Martin Schmitz ist ein deutscher Manager, der von Oktober 2016 bis April 2021 Vorstandsvorsitzender der RWE AG gewesen ist. Die RWE AG ist, gemessen am Umsatz, deutschlands zweitgrößter Energieversorgungskonzern. Der RWE wurde unter anderem von GREENPEACE und vom SPIEGEL vorgeworfen, an Braunkohle festzuhalten und Greenwashing zu betreiben. Greenwashing wirft man Unternehmen vor, die vordergründig etwas für den Umweltschutz tun, bei denen dahinter aber nicht mehr als eine Werbemaßnahme steckt. Rolf Martin Schmitz hat von 1976 bis 1981 an der RWTH Aachen Ingenieurwissenschaften studiert und dort 1985 am Lehrstuhl für Wärmeübertragung und Klimatechnik promoviert. Vor seiner Zeit bei RWE war Schmitz bei diversen anderen Stromanbietern im Vorstand oder in der Geschäftsführung angestellt.
Ulf Meinke ist Redakteur im Wirtschaftsressort der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ). Von 1996 bis 2001 hat Meinke am Institut für Journalistik in Dortmund studiert. Während seines Studiums hat er bei der Nachrichtenagentur ASSOCIATED PRESS gearbeitet. Danach ist er zur WAZ gewechselt, für die er in den Ressorts Wirtschaft und Politik tätig gewesen ist. Seit 2009 ist er fester Wirtschaftsreporter und gestaltet mit Redaktionskollegen den Podcast: „Die Wirtschaftsreporter“.
Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ) ist die größte deutsche Regionalzeitung, die erstmals 1948 erschienen ist. Ihr Hauptsitz ist in Essen, sie erscheint jedoch im gesamten Ruhrgebiet. Im Laufe der Jahre wurden mehrere andere Zeitungen aufgekauft und die „Zeitungsgruppe WAZ“ entstand, die 1997 in WAZ-Mediengruppe umbenannt wurde. Heute wird die WAZ von der Funke Mediengruppe herausgegeben. Überregionale Themen werden von der Zentralredaktion in Berlin bearbeitet. Wie zahlreiche andere Zeitungen hat auch die WAZ stark mit sinkenden Auflagezahlen zu kämpfen. Im zweiten Quartal 2021 lag diese bei knapp 420.000 verkauften Exemplaren, zu Beginn des Jahrtausends waren es noch knapp dreimal so viele. Dennoch ist die WAZ nach wie vor die größte regionale Tageszeitung in Deutschland.
„Den CO2-Ausstoß in zehn Jahren halbiert“
Deutschlandfunk Kultur, 03.08.2021 - Kai Rüsberg
Zum Originalartikel
Die Perspektive in 30 Sekunden
Bottrop am nördlichen Rand des Ruhrgebiets war lange Zeit eine der wichtigsten Steinkohlestädte in Deutschland. Auf eine Bevölkerung von 117.000 Menschen kamen 4.000 Bergbaukumpel. Seit 2010 wird die Stadt in Nordrhein-Westfalen zur klimapolitischen Modellstadt umgebaut. Wie das funktioniert, berichtet Redakteur Kai Rüsberg für DEUTSCHLANDFUNK KULTUR.
2010 gewann Bottrop einen Wettbewerb, wurde zur „Innovation City“, erläutert Rüsberg. Der Preis wurde vom Initiativkreis Ruhr gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen ausgerufen. 730 Millionen Euro wurden seither in den klimapolitischen Umbau der Braunkohlestadt investiert, berichtet der DEUTSCHLANDFUNK-Redakteur. Und das Ergebnis könne sich sehen lassen: Bottrop gelang es, die CO2-Emissionen in zehn Jahren in etwa zu halbieren, betont er. Die Stadt wurde innerhalb von sehr kurzer Zeit zur Vorzeigestadt der Energieeinsparung, schreibt Rüsberg. Das kleine Bottrop in NRW sei in die „Weltliga der Klimametropolen“ aufgestiegen.
Wie ist das gelungen? Rüsberg nennt vor allem zwei Faktoren: Erstens hat Bottrop eines der größten Klärwerke in Europa. Dieses Klärwerk wurde ursprünglich mit Kohle betrieben. „Ein riesiger Energieschlucker“, betont Rüsberg. Dann kam der Umbau: „Der Betrieb und auch die Klärschlammtrocknung wurden von Kohle auf Solarbetrieb umgerüstet“, erläutert er. Das sei gut gewesen für die CO2-Bilanz. Zweitens habe die Stadt sehr viel Energie eingespart, weil viele Gebäude saniert wurden. Besonders sei in diesem Zusammenhang die „aufsuchende Energieberatung“: Menschen wurden aktiv zum Umbau ihrer Gebäude motiviert und bewegt. „Man hat nicht gewartet, bis die Leute kommen und sich beraten [lassen]“, zitiert Rüsberg einen Experten, der den Umbau der Stadt begleitet hat. Das Ergebnis: Hauseigentümer:innen investierten in großem Maß in Solartechnik. Bottrop stehe nun bundesweit bei der Solarenergie führend da. Seither seien neue Unternehmen in die Stadt gekommen. Und das Image der Stadt habe sich enorm gebessert, berichtet Rüsberg.
Anmerkungen der Redaktion
Kai Rüsberg ist freiberuflicher Journalist und Schulungsleiter für Journalistinnen und Journalisten. Er hat Sozialwissenschaften an der Universität Bochum studiert. Seit 1993 ist er freier Mitarbeiter beim WDR Hörfunk und Fernsehen. Seine Ressorts sind unter anderem: Wissenschaft, Wirtschaft und Medien. Seit 1994 arbeitet er für den DEUTSCHLANDFUNK und ist dort seit 2016 als fester freier Mitarbeiter angestellt. 2018 hat er im Namen der Robert-Bosch-Stiftung eine Masterclass zum Wissenschaftsjournalismus gegeben.
DEUTSCHLANDFUNK KULTUR ist neben dem DEUTSCHLANDFUNK und DEUTSCHLANDFUNK NOVA eines der drei Programme des öffentlich-rechtlichen DEUTSCHLANDRADIOS. Im Gegensatz zu den beiden anderen Programmen liegt der Redaktionssitz von DEUTSCHLANDFUNK KULTUR in Berlin. Der Sender beschreibt sich selbst als „das Feuilleton im Radio“. Der Sender hat es sich selbst zur Aufgabe gemacht, „die Kulturalisierung der Politik und die Politisierung der Kultur“ voranzutreiben.