Fahrrad vor Auto: Sollten mehr Straßenflächen in Fahrradwege umgewandelt werden?
Foto von: Wolfram Däumel / Quelle: https://www.däumel.de/WD/Radverkehr/Mariannenstr/Seite_1.html / Lizenz: CC-BY-SA-3.0: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/
Kurzfassung
Eine Woche vor der Landtagswahl läuten die Fahrradklingeln auf den Straßen in NRW: Fahrradbegeisterte aus allen Landesteilen radelten auf einer Sternfahrt nach Düsseldorf, um gemeinsam mit einem Bündnis aus Umwelt- und Verkehrsverbänden mehr Platz für Fahrradwege einzufordern. Denn aus Sicht der Protestierenden nimmt die nordrhein-westfälische Verkehrswende nicht schnell genug Fahrt auf. Eines der Probleme seien etwa „die vor sich hin dümpelnden Radschnellwege”, heißt es in einer Pressemitteilung des Landesverbandes des Fahrradclubs ADFC aus dem Frühjahr. „Das Land NRW muss viel mehr tun, als das, was in den letzten Jahren passiert ist“, plädiert ADFC-Landesvorstandsmitglied Anna Limbach
Radverkehr in NRW soll bald ein Viertel des Verkehrsaufkommens ausmachen
Das NRW-Verkehrsministerium bezeichnet Nordrhein-Westfalen hingegen als „Fahrradland Nr. 1“. Laut dem neuen, deutschlandweit ersten NRW-Fahrradgesetz – zum 1. Januar 2022 von der schwarz-gelben Landesregierung auf den Weg gebracht –, soll der Radverkehr schon bald ein Viertel des Verkehrsaufkommens ausmachen. Um dieses Ziel zu erreichen, plant das Landesverkehrsministerium mit seinem Radwegeprogramm 2022 in diesem Jahr insgesamt 30 Millionen Euro in das Radwegenetz zu investieren – etwa 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit dem Nationalen Radverkehrsplan 3.0 steht die Bundesregierung den Ländern und Kommunen im Zeitraum von 2020 bis 2023 mit Fördersummen von insgesamt 1,46 Mrd. Euro bei.
„Wir haben ein Pedelec-Problem“
Doch was für die einen ein drängender Beitrag zur Verkehrswende ist, das lässt andere um ihre Mobilität bangen: Das Auto, der Deutschen liebstes Kind, könnte zusehends von den Straßen verdrängt werden. Dazu sind immer häufiger Menschen mit E-Bikes unterwegs – einem Fahrrad mit elektrischer Trittunterstützung, das zuletzt vor allem durch hohe Unfallzahlen Schlagzeilen machte. Laut NRW-Verkehrsunfallstatistik 2021 verunglückten im vergangenen Jahr 4758 E-Bikes auf nordrhein-westfälischen Straßen – 22,1 Prozent mehr als im Vorjahr. „Wir haben sowohl ein generelles Pedelec-Problem, als auch ein besonders tödliches Pedelec-Problem bei älteren Menschen“, heißt es in einer Pressemitteilung von Innenminister Herbert Reul.
Inwiefern die Parteien planen, Fahrrädern in der kommenden Legislaturperiode mehr Platz auf den Straßen einzuräumen, zeigt der Wahl-O-Mat.
Sollten mehr Straßenflächen in Fahrradwege umgewandelt werden?
Acht Perspektiven
„Verkehr der Zukunft: Fahrrad statt Auto“
Deutsche Welle, 12.01.2022 - Martina Lohmeier, Insa Wrede
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Die Perspektive in 30 Sekunden
Die Professorin für Mobilitätsmanagement und Radverkehr Martina Lohmeier hält es angesichts der Erderwärmung für unverzichtbar, dass der Platz für Fahrräder auf deutschen Straßen vergrößert wird. „[W]enn wir weiter so machen wie bisher, werden wir definitiv die Umweltziele nicht erreichen, die wir uns auf weltweiter Ebene gesteckt haben“, warnt sie im DEUTSCHE WELLE-Interview mit Redakteurin Insa Wrede.
Zu einer konsequenten Verkehrswende gehöre es auch, Flächen gerechter zu verteilen: „[D]ie Kfz und demzufolge auch die Parkflächen müssen reduziert werden“, so die Verkehrsexpertin. Denn das Rad habe auf deutschen Straßen noch längst nicht den Stellenwert, den es für mehr Klimaschutz brauche. Inzwischen werde der Ausbau des Fahrradverkehrs dagegen weltweit gestärkt – selbst in Regionen, in denen das Fahrrad bislang nicht sehr populär gewesen sei: etwa in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Auch dort habe man inzwischen „die Nase voll von verstopften Straßen“, sodass der Wandel vom motorisierten Verkehr hin zum Fahrrad durch viele Kampagnen, Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen beworben und begleitet werde.
Lohmeier findet es wichtig, dass Deutschland mit der internationalen Entwicklung Schritt hält. Zwar werde die Verkehrswende „immer irgendwem weh tun“. Doch um die Klimaziele ernsthaft zu verfolgen, müsse das Thema Fahrrad mehr in den Fokus rücken. „Dabei wird natürlich nicht alles so bleiben, wie es jetzt ist“, räumt Lohmeier ein. Doch angesichts des übergeordneten Ziels – der Einsparung von CO2-Emissionen – müsse ein Teil der Kritik „manchmal auch einfach ausgehalten werden“.
Anmerkungen der Redaktion
Martina Lohmeier ist Professorin für Mobilitätsmanagement und Radverkehr an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. Die Professur für Mobilitätsmanagement und Radverkehr ist eine Stiftungsprofessur, das heißt, sie wird nicht aus dem Grundhaushalt der Hochschule, sondern von einem Drittmittelgeber finanziert. Diese Professur wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur finanziert, um den Studiengang Mobilitätsmanagement zu betreuen. Lohmeier hat 2007 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ihren Diplom-Ingenieur mit Schwerpunkt Raum- und Infrastrukturplanung abgeschlossen. 2020 promovierte sie in Darmstadt. Zwischen Studium und Promotion hat sie als Bezirksingenieurin bei der Stadt Köln und als Beraterin beim Ingenieurbüro „Durth Roos Consulting“ gearbeitet.
Insa Wrede ist Redakteurin bei der DEUTSCHEN WELLE. Dort ist sie in der Wirtschaftsredaktion angestellt und für Online sowie Hörfunk zuständig. Sie hat Volkswirtschaftslehre in Freiburg und an der Universität des Saarlandes studiert sowie ein Volontariat in der Wissenschaftsredaktion des WDR abgeschlossen. Seit 2003 arbeitet sie für die DEUTSCHE WELLE. Zunächst als Redakteurin, seit 2005 im Wirtschaftsressort.
Die DEUTSCHE WELLE ist der Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland. Er wird aus Bundesmitteln finanziert und ist Mitglied der ARD. Die DEUTSCHE WELLE produziert Online-, Fernseh- und Radiobeiträge und sendet in rund 30 Sprachen. Damit ist sie einer der Träger der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Die Inhalte der Programme haben einen Schwerpunkt auf Nachrichten, Dokumentationen und Kulturberichterstattung. Die DEUTSCHE WELLE sorgte im Frühjahr 2020 für Schlagzeilen, nachdem die TAGESZEITUNG (TAZ) einige Schilderungen von Mitarbeiter:innen veröffentlicht hat. Sie berichteten von einem schlechten Arbeitsklima, von Rassismus, Mobbing und systematischer Unterdrückung von Kritik.
Die Perspektive in 30 Sekunden
„Mehr Platz fürs Rad!“, fordert die Redaktionsleiterin Johanna Nimrich im Fachmagazin RADFAHREN. Rückhalt findet die Autorin dabei von dem Verkehrsforscher Andreas Knie: „Wir haben nicht genug Platz für so viele Autos“, warnt Knie – und das werde vor allem in den Städten zu einem immer größeren Problem.
Da die Zentren zusehends von Autos verstopft seien, hält Knie es für überfällig, die begrenzten Flächen neu zu verteilen: Indem Autos etwa eine Fahrspur oder eine Parkplatzreihe weniger zur Verfügung hätten, könne Platz für breite Radwege oder regensichere Stellplätze geschaffen werden. Auch für Flaniermeilen, Begegnungsplätze, Cafés, Wochenmärkte, Grünflächen und Spielplätze gebe es dann mehr Raum. Die Bevölkerung könne die Verkehrswende vor allem durch „positive Bilder“ vorantreiben – wie mit dem sogenannten „Parking Day“ im September: An diesem Tag werden öffentliche Parkflächen für einen Tag lang kreativ umgestaltet – zu grünen Oasen, Sitzflächen oder auch zu Fahrradparkplätzen. Durch Aktionen wie diese werde deutlich, dass nicht der „Untergang des Abendlandes naht, nur weil man den bisher privilegierten Autos Platz wegnimmt“, überspitzt Knie.
Die Redakteurin Nimrich findet, dass es jetzt vor allem Entschlossenheit braucht, um den Radverkehr ins Rollen zu bringen. Denn wenn es darum gehe, dem Autoverkehr Fläche wegzunehmen, ducke die Politik sich bislang noch weg: „Das ist genau der wunde Punkt, bei dem viele aufschreien und sich ganz offensichtlich Politiker schwertun, klare Entscheidungen zu treffen“, bedauert sie. „Doch zur Förderung des Radverkehrs braucht es den Mut, Platz für diesen zu schaffen“, appelliert die Autorin.
Anmerkungen der Redaktion
Andreas Knie ist Soziologe und Mobilitätsforscher. Er ist Professor an der Technischen Universität (TU) Berlin und arbeitet am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Knie studierte Politologie an der Universität Marburg. Er promovierte und habilitierte an der TU Berlin, seine Habilitationsschrift 1995 hatte den Titel „Wankel-Mut in der Autoindustrie“. Seit 2020 leitet er gemeinsam mit Weert Canzler die Forschungsgruppe „Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung“.
Johanna Nimrich ist Mitglied der Redaktionsleitung bei RADFAHREN. Sie hat Ethnologie und Südasienstudien in Heidelberg sowie Medienwissenschaft in Tübingen studiert. Bis 2015 hat sie als Entsandte des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) als Redakteurin in Omsk in Sibirien gearbeitet. Das ifa ist ein vom Auswärtigen Amt, dem Bundesland Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart finanzierter Verein, der sich für die Kulturvermittlung einsetzt. Mittlerweile arbeitet Nimrich für das Radfahr-Magazin RADFAHREN.
(AKTIV) RADFAHREN ist ein Magazin über das Thema Radfahren, das achtmal im Jahr erscheint. Zusätzlich betreibt RADFAHREN eine Website zum Thema Radfahren. Herausgegeben wird RADFAHREN von BikeMedia, einem Verlag, der neben RADFAHREN weitere Radfahr-Magazine wie RENNRAD oder RADSPORT herausgibt. RADFAHREN richtet sich unter den Angeboten von BikeMedia eher an ein breiteres Publikum und versucht einen allgemeinen Überblick zum Thema zu geben. BikeMedia gehört der Grundlach Holding, einem Verlagshaus, dem unter anderem auch der Deutsche Sportverlag (DSV) gehört. Geschäftsführer von BikeMedia ist Hartmut Ulrich, der vor seiner Zeit bei BikeMedia in der Medienentwicklung und Kommunikationsberatung tätig gewesen ist. Laut Similarweb hatte RADFAHREN.DE im April 2022 rund 480.000 Besuche zu verzeichnen.
Die Perspektive in 30 Sekunden
Der Kolumnist Michael Thumann kann über den „Krieg auf den Straßen“ nur den Kopf schütteln. Um die unterschiedlichen Bedürfnisse zu befriedigen, brauche es ein „gemeinsames Vorankommen“ von Rädern und Autos – und zwar gleichberechtigt. Mit den Privilegien für Autos sei es dann jedoch vorbei: „Eine echte Verkehrswende gelingt nur, wenn der Platz neu verteilt wird“, kommentiert er in der Wochenzeitung DIE ZEIT.
Damit sowohl Räder als auch Autos in den Städten – trotz Platzmangel – gleichermaßen vorankommen können, skizziert Thumann einen Kompromiss: „Die Geschwindigkeit wird grundsätzlich auf 30 Kilometer pro Stunde in der Innenstadt und auf 20 Kilometer pro Stunde in kleinen Seitenstraßen begrenzt“, schlägt Thumann vor. Überholen sei dann zwecklos, denn: „Weder Auto- noch Radfahrer haben ein Anrecht auf freie, schnelle Fahrt“, meint der Autor. Dazu könne eine City-Maut dabei helfen, unnötige Fahrten zu begrenzen.
Ein Dorn im Auge sind Thumann jedoch die „Millionen Autos“, die in deutschen Städten auf öffentlichen Raum parken. „Weniger das Fahren gehört drastisch eingeschränkt, sondern das Parken“, fordert er. In Mailand habe man dafür eine gute Lösung gefunden. Die norditalienische Metropole sei lange Zeit „hoffnungslos zugeparkt und zugestaut“ gewesen. Heute aber gebe es dort sowohl eine City-Maut als auch zahlreiche neue Parkhäuser. Der gewonnene Platz werde genutzt, um Straßen zu verbreitern – auch für Fahrräder.
Anmerkungen der Redaktion
Michael Thumann ist Journalist, Buchautor und außenpolitischer Korrespondent der ZEIT. Der studierte Slawist, Geschichts- und Politikwissenschaftler schreibt hauptsächlich über internationale Politik, Osteuropa und den Mittleren Osten. Daneben ist er Mitglied im Deutsch-Russischen Forum e.V.: einem Verein, der sich für einen breiten gesellschaftlichen Dialog zwischen Deutschland und Russland engagiert. Thumann ist außerdem Autor des Buches „Der Neue Nationalismus. Wiedergeburt einer totgeglaubten Ideologie“, in dem er sich mit dem wiedererstarkenden Nationalismus in Europa auseinandersetzt.
DIE ZEIT ist die größte deutsche Wochenzeitung und hat ihren Sitz in Hamburg. DIE ZEIT erscheint seit 1946 und wurde von ihren ersten beiden Chefredakteuren Ernst Samhaber und Richard Küngel zunächst als rechts-konservatives Blatt ausgelegt. Erst in den 1960er Jahren wurde die Wochenzeitung durch Marion Gräfin Dönhoff und den langjährigen Chefredakteur Theo Sommer als liberales Medium ausgerichtet. Dönhoff prägte DIE ZEIT bis 2002 und hat sie von 1968 bis 1972 herausgegeben, ab 1983 gemeinsam mit Altkanzler Helmut Schmidt (SPD). In gesellschaftspolitischen Fragen gilt DIE ZEIT als grundsätzlich (links-)liberal, hat allerdings auch viele Gastbeiträge aus dem gesamten Meinungsspektrum oder stellt Beiträge mit gegensätzlichen Meinungen gegenüber. Der NDR urteilt, DIE ZEIT gelte als „Blatt der Akademiker und Intellektuellen“ — und sei damit durchaus erfolgreich. Tatsächlich gehört DIE ZEIT zu den wenigen deutschsprachigen Printmedien, die seit der Digitalisierung an Auflage gewonnen haben. Zuletzt lag diese bei knapp 611.000 Exemplaren (1. Quartal 2022).
„"Ideologisches Wunschdenken produziert Staus": Auto-Club verklagt Stadt wegen neuer Radwege“
Focus, 01.06.2021 - Michael Haberland, Sebastian Viehmann
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Wer Fahrstreifen zu Radwegen macht, produziert unnötige Staus, meint Michael Haberland, der Präsident des Automobilclubs „Mobil in Deutschland“. Radwege auszuweiten, während der Autoverkehr deutlich mehr Platz benötige, bezeichnet Haberland im Gespräch mit FOCUS-Online-Redakteur Sebastian Viehmann als „Politik ohne Hirn und Verstand“.
Haberland argumentiert, der Ausbau von Fahrradwegen habe vor allem mit „ideologischem Wunschdenken“ zu tun – und weniger mit Zahlen und Fakten. Denn nach seiner Analyse werden zusätzlich eingerichtete Fahrstreifen, für die der Autoverkehr eine Spur einbüßen muss, häufig gar nicht genutzt: „Viel mehr stauen sich die Autos auf der verbleibenden Spur, müssen Stop-and-Go und quälenden Verkehr ertragen und verlieren wertvolle Lebenszeit, weil rechts von ihnen ein leerer Radstreifen anstatt einer Fahrspur ist“, kritisiert der Betriebswirt.
Das sei auch in München zu beobachten, wo die grün-rote Rathaus-Regierung während der COVID-19-Pandemie massiv in den Radverkehr investierte. Laut Haberland herrscht auf den neu eingerichteten Fahrspuren gähnende Leere: „Es ist problemlos möglich, dort in Ruhe einen Kaffee zu trinken oder Zeitung zu lesen, ohne jemanden zu behindern. Denn es sind kaum Radfahrer unterwegs.“ Im Juni 2021 reichte er daher Klage gegen die Stadt München ein – im Oktober vergangenen Jahres wurde diese abgelehnt.
Anmerkungen der Redaktion
Michael Haberland ist Gründer und Präsident des Autoclubs „Mobil in Deutschland“. Mobil in Deutschland inszeniert sich als Alternative zum ADAC, dem größten Automobilclub in Europa. Haberland hat Betriebswirtschaft in München studiert und danach in der Verkehrsforschung für BMW gearbeitet. Von dort wechselte er zu Nissan, wo er zunächst als Sektions- und später als Abteilungsleiter tätig gewesen ist. 2009 promovierte Haberland zum Thema „Wettbewerbsvorteile, strategische Zusammenschlüsse und Kooperationen in internationalen Automobilunternehmen“. Im selben Jahr wandelte Haberland seinen bereits 1992 gegründeten Verein „Mobil in München“ in „Mobil in Deutschland“ um. Seither arbeitet er hauptberuflich für den Verein.
Sebastian Viehmann ist Redakteur beim FOCUS. Er hat Kommunikationswissenschaft in Münster studiert und eine Ausbildung bei der Deutschen Hörfunkakademie absolviert. Während seines Studiums war er als Lokalreporter für RADIO 91,2 tätig und hat als freier Mitarbeiter für die WAZ Media Group geschrieben. Von 2006 bis 2012 ist er als freier Mitarbeiter beim Redaktionsbüro „Press-Inform“ tätig gewesen, mit dem Schwerpunkt Auto & Technik. Diesen Schwerpunkt behielt er auch beim FOCUS bei, für den er seit 2012 als Verantwortlicher Redakteur Auto tätig ist.
Der FOCUS ist ein wöchentlich erscheinendes deutsches Nachrichtenmagazin. Er ist 1993 vom Hubert Burda Verlag als Konkurrenz zum SPIEGEL gegründet worden. Das Magazin erschien zuletzt in einer verkauften Auflage von knapp 247.000 Exemplaren (1/2022) und gehört damit zusammen mit dem SPIEGEL und dem STERN zu den reichweitenstärksten deutschen Wochenmagazinen. Der FOCUS gilt dabei in seiner Ausrichtung im Vergleich zu den beiden Konkurrenzmagazinen als konservativer. Auch der Online-Auftritt des Magazins gehört zu den reichweitenstärksten in ganz Deutschland: Laut der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) hatte FOCUS.DE im Dezember 2021 rund 27 Millionen Nutzer:innen zu verzeichnen. Das GOETHE-INSTITUT befindet, das Blatt vertrete eine wirtschaftsliberale Haltung und wende sich „mit vielen grafischen Darstellungen und farbintensiven Bildern insbesondere an Leser:innen mit weniger Zeit“. Wie viele andere Medien in Deutschland hat der FOCUS seit Jahren stark sinkende Verkaufszahlen zu verzeichnen: Anfang 2000 lag die Auflage noch bei knapp 811.000 verkauften Exemplaren.
„Das E-Bike als Unfallrisiko“
Westfälische Nachrichten, 10.03.2021 - Martin Kalitschke
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Mehr Radwege führen nicht zwangsläufig auch zu mehr Sicherheit, macht der Redakteur Martin Kalitschke deutlich. Es seien vor allem die immer schneller werdenden Räder, die die Unfallstatistiken in die Höhe treiben. Das werde vor allem durch einen Trend befeuert: „Immer mehr Radfahrer steigen auf die Elektrovariante um“, gibt Kalitschke in der Tageszeitung WESTFÄLISCHE NACHRICHTEN zu bedenken.
Die Zeiten, in denen vor allem ältere Mitbürger:innen mit dem E-Bike unterwegs waren, seien längst vorbei. „Mittlerweile sind sie zu einem Fortbewegungsmittel für alle Altersklassen geworden“, so Kalitschke. Die E-Bikes seien jedoch nicht nur bequem, sondern auch schnell – und gerade das werde immer öfter zu einem Problem: „Die Zahl der Unfälle nimmt zu, und wer mit einem E-Bike verunglückt, zieht sich in der Regel schwerere Verletzungen zu als mit einem konventionellen Fahrrad.“
Darüber hinaus bestätige auch die Polizei, dass E-Bikes schwerer im „Handling“ seien – etwa durch den deutlich längeren Bremsweg. „Eine Unaufmerksamkeit – und es wird gefährlich“, warnt Kalitschke. Es brauche daher deutlich mehr, als Autos von den Straßen zu verdrängen: „E-Bike-Fahrer sollten sich immer bewusst sein, dass sie auf den Radwegen die Stärkeren sind – und sich entsprechend rücksichtsvoll verhalten.“
Anmerkungen der Redaktion
Martin Kalitschke ist Redakteur bei den WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN. Im Jahr 2018 gewann er den Journalistenpreis Münsterland in der Kategorie Kultur/Tourismus für den Artikel „Der Jahrhundert-Sammler“. In seinen Artikeln für die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN setzt sich Kalitschke des Öfteren mit dem Fahrradverkehr in Münster auseinander.
Die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN sind eine regionale Tageszeitung im Raum Münsterland. Gemeinsam mit anderen Partnerverlagen der Zeitungsgruppe Münsterland ist sie die auflagenstärkste Tageszeitung der Region. Die verkaufte Auflage wird nur zusammen mit anderen Zeitungen der Zeitungsgruppe Münsterland (ZGM) herausgegeben und lag im ersten Quartal 2022 bei rund 189.000 Exemplaren. Für die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN berichten insgesamt über 100 festangestellte Redakteur:innen aus dem Münsterland. Die Redaktion der WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN arbeitet nach dem Online-First-Prinzip: Das heißt, Nachrichten werden zunächst für die Online-Ausgabe der Zeitung geschrieben und erscheinen erst später in der Print-Ausgabe. Laut Similarweb hatte der Online-Auftritt der WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN im April 2022 rund zwei Millionen Besucher:innen zu verzeichnen.
Die Perspektive in 30 Sekunden
Der Kolumnist Frank A. Meyer befürchtet, dass der „Kampf gegen das Auto“ vor allem auf Kosten der Ärmeren geht. Immerhin seien manche Menschen im Alltag auf praktische Lösungen angewiesen, die sie schnell von A nach B bringen – doch das werde von einigen Bessergestellten sträflich ignoriert. „Das Fahrrad (…) ist Statussymbol einer klimabewegten Bildungselite“, konstatiert Meyer im politischen Magazin CICERO.
Meyer basiert seine Argumentation auf soziologischen Studien des Soziologen Ansgar Hudde von der Universität Köln. Diese zeigen, dass Menschen mit einem höheren Bildungsgrad auch häufiger mit dem Fahrrad fahren. „Wer braucht da noch ein Auto? Die Dummen ohne Hochschulreife“, überspitzt er. „Der Kampf des grünen Milieus gegen das Auto ist auch ein Kampf gegen Arbeitnehmer, die früh rausmüssen, Eltern, die ihre Kinder zur Schule bringen müssen, oder Menschen, die auf dem Dorf oder in unattraktiven Stadtteilen leben und auf ihr Fahrzeug angewiesen sind“, so Meyer.
Nicht die gesamte Gesellschaft könne es sich leisten, kurzerhand von der Fahrspur auf den Radweg zu wechseln. „Die Intelligenzija hingegen hat Zeit, kann sich einrichten in Lebensumständen, für die das Velo als Verkehrsmittel genügt“, ärgert sich der Kolumnist. Fahrräder mit Autos gleichzustellen, hält er für eine „grün-gymnasial-akademische Utopie einer ökologisch disziplinierten Gesellschaft“ – die mit den Nöten der sozial schlechter Gestellten nichts zu tun habe.
Anmerkungen der Redaktion
Frank A. Meyer ist Kolumnist für mehrere Zeitungen und Zeitschriften, darunter die ZÜRCHER WOCHE, die BASLER ZEITUNG und das Polit-Magazin CICERO. Zudem arbeitet er als publizistischer Berater des Schweizer Medienunternehmens Ringier, das die Boulevardzeitungen BLICK und SONNTAGSBLICK herausgibt. Im europäischen Ausland verlegt Ringier gemeinsam mit dem Axel-Springer-Verlag (BILD) diverse Zeitungen und Zeitschriften. Frank A. Meyer hat zunächst eine Lehre als Schriftsetzer absolviert und später als Journalist bei Ringier angefangen: zunächst für die SCHWEIZER ILLUSTRIERTE. Später wurde er Kolumnist beim SONNTAGSBLICK und daraufhin publizistischer Berater bei Ringier. Frank A. Meyers Kolumnen sind von 2009 bis 2016 auch beim rechtskonservativen Online-Blog ACHGUT erschienen. Sich selbst bezeichnet Meyer als „links“, beschwert sich allerdings, dass linke Medien heutzutage kein Interesse mehr an Meinungen von Konservativen oder Liberalen zeigen würden.
Der CICERO ist ein monatlich erscheinendes politisches Magazin, das im ersten Quartal 2022 in einer verkauften Auflage von rund 40.800 Exemplaren erschienen ist (die verbreitete Auflage lag bei rund 43.100). Der CICERO ist 2004 von Wolfram Weimer gegründet worden, der bis 2010 Herausgeber war. Das Magazin gilt als traditionell konservatives Medium. Schwerpunkte der Berichterstattung liegen in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur. Das GOETHE-INSTITUT befindet, die Redakteur:innen zielten vor allem auf eine akademische Leser:innenschaft. Seit der Chefredaktion von Christoph Schwennicke und Alexander Marguier mehren sich auch Stimmen, die dem Magazin vorwerfen, inhaltlich nach rechts gerückt zu sein. Schwennicke ist im Januar 2021 aus der Redaktion ausgestiegen. Die TAZ und das Medienmagazin MEEDIA sehen den ehemaligen Kultur-Ressortleiter Alexander Kissler (seit August 2020 bei der NZZ) als treibende Kraft hinter diesem Rechtsruck. MEEDIA befindet, Kissler schreibe Texte, „für die das Label konservativ schon fast euphemistisch ist“; die TAZ sieht ihn an der Grenze zum Rechtspopulismus. ÜBERMEDIEN kennzeichnete den CICERO 2019 als „für ganz links zu rechts, für ganz rechts zu mittig“.
Die Perspektive in 30 Sekunden
Nordrhein-Westfalen ist das erste deutsche Flächenland mit einem Fahrradgesetz. Die Nachrichtenredakteurin Vivien Leue sieht den Ursprung des Gesetzes allerdings keineswegs im Pioniergeist der Landesregierung: „Das Gesetz ist nicht auf Initiative der Politik, sondern auf Drängen einer Volksinitiative entstanden“, konstatiert sie auf dem Hörfunksender DEUTSCHLANDFUNK KULTUR.
Zuvor hatte die Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ mehr als 200.000 Unterschriften gesammelt, um den Ausbau der Radwege in Nordrhein-Westfalen zu beschleunigen. Bis zum Jahr 2025 sollte jedes vierte Fahrzeug auf den nordrhein-westfälischen Straßen ein Fahrrad sein, so lautete eine der zentralen Forderungen. „Die 25 Prozent stehen als Zielgröße nun auch im Gesetz“, betont Leue. Doch bis wann es dieses Ziel zu erreichen gilt, werde nicht erwähnt.
Die lauten Rufe der Fahrradlobby seien daher auch trotz des Gesetzes nicht verstummt. Für die Verkehrswende brauche es vor allem eines: Tempo. Um ins Rollen zu kommen, dürfe das Fahrrad nicht länger hinter dem Auto zurückstehen – auch nicht beim Platz auf der Straße. NRW-Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU) ist davon wenig überzeugt: Das Fahrradgesetz solle vor allem den Radverkehr fördern, nicht aber den Autoverkehr beschränken.
Brandes sieht in dem Fahrradgesetz einen großen Mehrwert, weil es das Radwege-Netz landesweit in den Blick nehme – über kommunale Grenzen hinweg. Das erleichtere es, Lücken in der Infrastruktur zu schließen. Außerdem sorge es für mehr Sicherheit im Fahrradverkehr: So werden nach dem Gesetz etwa alle landeseigenen Nutzfahrzeuge über dreieinhalb Tonnen mit einem Abbiegeassistenten ausgestattet – damit Radfahrerinnen und Radfahrer in NRW sicherer unterwegs sind.
Anmerkungen der Redaktion
Vivien Leue ist freie Korrespondentin beim DEUTSCHLANDRADIO. Daneben arbeitete sie als freie Nachrichtenredakteurin für den WDR. Sie hat Neuere und Neueste Geschichte, Jura und Lateinamerikanistik in Berlin sowie Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen studiert. Zwischendurch absolvierte sie ein Redaktionsvolontariat bei der DEUTSCHEN PRESSE-AGENTUR (DPA). Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst als freie Nachrichtenredakteurin bei N-TV, seit 2009 arbeitet sie für das DEUTSCHLANDRADIO. Zunächst als freie Nachrichtenredakteurin für den DEUTSCHLANDFUNK, seit 2015 als NRW-Landeskorrespondentin für DEUTSCHLANDFUNK, DLFKULTUR und DLFNOVA.
DEUTSCHLANDFUNK KULTUR ist neben dem DEUTSCHLANDFUNK und DEUTSCHLANDFUNK NOVA eines der drei Programme des öffentlich-rechtlichen DEUTSCHLANDRADIOS. Im Gegensatz zu den beiden anderen Programmen liegt der Redaktionssitz von DEUTSCHLANDFUNK KULTUR in Berlin. Der Sender beschreibt sich selbst als „das Feuilleton im Radio“. Er hat es sich selbst zur Aufgabe gemacht, „die Kulturalisierung der Politik und die Politisierung der Kultur“ voranzutreiben. Bekannt ist er vor allem für seine aufwendigen Hörspiel- und Featureproduktionen. Außerdem verfügt das tägliche Programm über ein einstündiges Interview, tägliche Literatur und zwei verschiedene Musikschwerpunkte. Seit 2020 ist Ralf Müller-Schmid der Programmchef, der zuvor Programmleiter bei DEUTSCHLANDFUNK NOVA war. Laut der Mediaanalyse „ma Audio 2021“ schalten täglich rund 600.000 Menschen den Kultursender des DEUTSCHLANDRADIOS ein.
„RADSCHNELLWEGE HALBIEREN DIE REISEZEIT VON PENDLER:INNEN“
Future Moves, 04.01.2022 - Jonathan Schanz
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„Es gibt einen einfachen Trick, viele Pendelnde vom Auto aufs Bike zu bekommen: Radschnellwege“, erklärt der Redakteur Jonathan Schanz auf der Mobilitätsplattform FUTURE MOVES. Das beweise ein Blick in die Niederlande.
Im Gegensatz zu Deutschland habe das Nachbarland nämlich schon seit den 70er-Jahren massiv in eine sichere Radverkehrsinfrastruktur investiert – auch in Radschnellwege. Diese können größere Entfernungen miteinander verknüpfen und gelten als besonders komfortabel. In den Niederlanden habe der Radverkehr seine hohe gesellschaftliche Bedeutung auch wegen seiner guten Infrastruktur nie verloren, hält Schanz fest.
Denn Radschnellwege seien nicht nur leicht zu befahren, sondern auch effizient: Anhand von Machbarkeitsstudien – etwa aus der fahrradfreundlichsten Stadt Kopenhagen – lasse sich prognostizieren, dass die Reisezeit zwischen zwei Orten sich auf dem Radschnellweg halbiert. Der Erfolg spreche für sich: „In den Niederlanden konnten bis 2019 sogar durchschnittlich 29 Prozent mehr Radfahrer:innen auf den Radschnellwegen gezählt werden“, so Schanz.
Davon könne Deutschland sich in Sachen Verkehrswende einiges abgucken. Zwar nehmen die Planungsprozesse hierzulande deutlich mehr Zeit in Anspruch. Allerdings seien die Radschnellwege in Nordrhein-Westfalen seit 2015 formal den Landstraßen gleichgestellt – um Projekte so schneller realisieren zu können. Derzeit werde beispielsweise der RS1 gebaut: Ein Radschnellweg, der über 115 Kilometer von Moers bis Hamm verlaufen soll.
In den Niederlanden seien die neuen Infrastrukturprojekte inzwischen auch Treiber für technologische Innovationen: So wurde auf dem Radschnellweg zwischen Nijmegen und Arnhem etwa eine Beleuchtung entwickelt, die die Lichtverschmutzung verringert. „Wenn man nach Nimwegen fährt, sieht man grün und wenn man nach Arnhem fährt, sieht man lila“, beschreibt van Duren. Durch die bunte Kulisse könne auch jemand, der parallel zum Radschnellweg im Stau steht, den Eindruck bekommen, dass Radfahren vielleicht doch die bessere Alternative ist.
Anmerkungen der Redaktion
Jonathan Schanz ist freiberuflicher Filmemacher. Er hat in Lüneburg Umweltwissenschaften studiert und später in Hamburg Digitale Kommunikation studiert. Videobeiträge hat er unter anderem für den NDR oder FUNK produziert. Von November 2021 bis März 2022 ist er fünf Monate als Redakteur bei FUTURE MOVES angestellt gewesen. Seit Juni 2021 ist er außerdem als Art Director des Magazins GENZ der Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg tätig.
FUTURE MOVES ist eine Content-Plattform für Themen rund um Mobilität. Für FUTURE MOVES arbeitet ein Team aus sechs Redakteur:innen, die verschiedene Artikel zum Thema Mobilität schreiben. Redaktionsleiter ist Christian Cohrs, der zuvor für das Wirtschaftsmagazin BUSINESS PUNK und die ONLINE MARKETING ROCKSTARS (OMR) tätig war. Herausgegeben wird FUTURE MOVES von der Ramp 106 GmbH, ein relativ junges Medienunternehmen mit Sitz in Hamburg. Gegründet worden ist Ramp 106 im Jahr 2010. Die Ramp 106 GmbH betreibt die Online-Plattform OMR sowie das jährliche OMR-Festival, bei dem Marketing-Expert:innen aus ganz Europa zusammenkommen. FUTURE MOVES veröffentlicht neben Online-Artikeln jede Woche einen Podcast zum Thema Mobilitätswende. Laut Similarweb hatte FUTURE MOVES im April 2022 rund 5.000 Besuche zu verzeichnen.