Die Mosaiksteinchen von Doris Moses
Alte Synagoge Essen – Haus jüdischer Kultur
Seit 2010 präsentiert die „Alte Synagoge Essen“ eine moderne interaktive Dauerausstellung mit dem Schwerpunkt auf heutiges Judentum weltweit. Dem Besucher soll vermittelt werden, dass Judentum keine 1945 ausgestorbene Religionsgemeinschaft ist, sondern lebendig die moderne Kultur heute mitprägt. So sind in der Prominentengalerie Filmstars wie Paul Newman oder Tony Curtis, Sängerinnen wie Amy Winehouse oder Regisseure wie Steven Spielberg zu finden.
Beim Thema „Jewish Way of Life“ geht es um die unterschiedlichen Definitionen, um die Vielfalt jüdischer Lebensentwürfe von der Ultraorthodoxie bis hin zum säkularen „Muskeljudentum“, dem neuen Selbstbewusstsein, das die zionistische Bewegung nach 1900 verkörperte. Das Judentum in seiner Vielfalt und nicht fixiert auf eine bestimmte religiöse Richtung wird gezeigt. You-Tube-Ausschnitte, die amerikanische Juden in Auseinandersetzung mit jüdischen Traditionen gestaltet haben, können betrachtet oder auch Ausschnitte aus Filmen mit jüdischer Thematik wie beispielsweise „Alles auf Zucker“ angeschaut werden. Ein Multi-Touch-Tisch lädt zum Recherchieren über zehn jüdische Gemeinschaften weltweit von Melbourne bis Kapstadt und von Buenos Aires bis Antwerpen ein (Synagogen, Restaurants, kulturelle und soziale Treffpunkte). In Touchscreens gibt es zusätzliche Informationen zur Geschichte der Juden und Jüdinnen in Essen oder der Geschichte des Hauses. Es fehlen auch die klassischen religiösen Themen nicht: Feiertage und Schabbat, wie auch die Torah und die jüdischen Lebensstationen, doch sind sie mit modernen Gebrauchsgegenständen aus dem jüdischen Familienkatalog veranschaulicht.
In den historischen Abteilungen kommt die Geschichte des Nationalsozialismus vor. Die Dauerausstellung besteht aus fünf Ausstellungsbereichen:
Quellen jüdischer Tradition: Verschiedene Bereiche gewähren zur Fragestellung „Was speist jüdische Traditionen bis zum heutigen Tag?“ Einblicke: Die lange jüdische Geschichte, Persönlichkeiten von der Antike bis in die Neuzeit, der jüdische Kalender, die Torah und das Gebetbuch sowie die Synagoge als Ort der Versammlung und als Lehrhaus.
Jüdische Feste: Die ursprünglichen sechs großen Buntglasfenster oberhalb der Empore waren zentralen jüdischen Festen gewidmet. Diese Fenster wurden nicht rekonstruiert. Jedoch werden auf der Empore acht jüdische Feste in sechs Vitrinen erklärt: Schabbat, Purim, Pessach und Schawuot, Rosch ha-Schanah, Jom Kippur, Sukkot und Chanukkah. Ritualgegenstände, Spielzeug, Bilder und Filme veranschaulichen die Festabläufe.
Jüdischer "Way of Life": Das Judentum ist entgegen einer weit verbreiteten Meinung weitaus mehr als eine Religion und allein mit dem Begriff der Religionsgemeinschaft nicht zu fassen. Judentum ist eine allumfassende Lebenskultur und entspricht so gar nicht den vielen Klischees. Dieser Ausstellungsbereich lädt dazu ein, ungewöhnliche Einblicke in jüdische Lebenswelten zu nehmen und sich mit der Frage „Wie unterschiedlich werden Traditionen gelebt?“ auseinander zu setzen.
Geschichte des Hauses: Erbaut zwischen 1911 bis 1913, Synagoge bis 1938, Ruine von 1938 bis 1959, Haus Industrieform von 1961 bis 1979, "Alte Synagoge“ ab 1980, teil-rekonstruiert 1986 bis 1988 und seit 2010 die neue Konzeption. Dieses Haus hat eine wechselvolle Geschichte, die in Fotoprojektionen und mit einigen Exponaten erzählt wird. Ein Touchscreen mit weiteren Dokumenten laden zur weiteren Vertiefung ein.
Geschichte der jüdischen Gemeinde Essen: Gestützt auf die Sammlung des Archivs der "Alten Synagoge“ kann man sich hier über die Geschichte der jüdischen Gemeinde Essen mit Schwerpunkt auf dem Ende des 19. Jahrhunderts und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts informieren. Persönliche Gegenstände wie Poesiealben, Fotos, Fluchttagebücher, Zeugnisse, Urkunden und Orden aus dem Leben von Essener Juden, auch in den Emigrationsländern, sind bewegende Objekte, die Geschichten erzählen. Eine Leseecke mit Publikationen aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts lädt zu ruhiger Lektüre ein und Touchscreens bieten zahlreiche weitere Dokumente (Bilder, schriftliche Quellen) an.
Die „Alte Synagoge Essen“ beteiligt sich auch am kulturellen Leben der Stadt. Es werden etwa 30 Veranstaltungen von Vorträgen über Konzerte hin zu Lesungen und Wechselausstellungen angeboten. Das jeweils dreistündige „Lehrhaus Judentum“ richtet sich an Kinder der 2. bis 5. Klasse, dasjenige für Jugendliche an die 6. bis 12. Klässler. Hier geht es um Basisinformationen über das Judentum, aber auch um die Beziehungen zwischen dem Judentum und dem Islam oder der Jüdischen Geschichte als Teil der türkischen Geschichte. Lehrerfortbildungen und Studienreisen ergänzen das Spektrum.
Weitere Informationen: Alte Synagoge Essen