200 Millionen Euro für NRW: Werden die Kommunen bei der Finanzierung von Geflüchteten alleingelassen?

19.05.2023 - Themenbereiche: Migration und Integration, Nordrhein-Westfalen, Politik
Innenansicht einer Notunterkunft für Geflüchtete in Turnhalle

Foto von: Pixabay / Originalbild: https://pixabay.com/de/photos/notunterkunft-asyl-hilfe-obdach-1166360 / Lizenz: https://pixabay.com/service/licenseu

Kurzfassung

Wer trägt die finanziellen Lasten für Geflüchtete? Über diese Frage wird auch nach dem Migrationsgipfel von Bund und Ländern weiter gestritten. Nach Angaben des WDR sollen rund 200 Millionen Euro der zugesicherten nationalen Soforthilfe von insgesamt einer Milliarde Euro aus der Bundeskasse nach NRW fließen – um die Kommunen zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden voranzutreiben. Doch viele der rund 400 nordrhein-westfälischen Kommunen betrachten das Zugeständnis des Bundes als Tropfen auf dem heißen Stein: Sie hatten auf eine dauerhaft höhere Beteiligung gehofft: auf ein sogenanntes „atmendes System“, das die Finanzmittel an der Zahl der Geflüchteten ausrichtet. Die Grundsatzentscheidung darüber wurde jedoch auf November vertagt.

„Die Städte und Gemeinden hängen weiterhin in der Luft“

Nach Daten des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen wurden in NRW seit dem Frühjahr 2022 allein rund 200.000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Doch vielerorts sind die Ausländerbehörden überlastet, die Notunterkünfte ausgeschöpft. Laut Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW und Bürgermeister der Stadt Soest (CDU), ist der Frust in den Kommunen über den Bund-Länder-Gipfel groß: „Die Städte und Gemeinden hängen weiterhin in der Luft und haben keine Perspektive über das Jahr 2023 hinaus“, kritisiert er in einer Pressemitteilung.

Nach dem Gipfel hatte auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Kritik geäußert: „Für die Kommunen ist das noch nicht ausreichend, weil es eben eine Einmalzahlung ist“, gab der Landeschef zu bedenken. Marc Herter, SPD-Interimschef in NRW und Oberbürgermeister von Hamm, sieht dagegen das Land in der Pflicht: Immerhin stelle der Bund den Ländern bereits viel Geld zur Verfügung. Für 2023 hatte die Ampel-Koalition diesen bereits 2,75 Milliarden Euro für flüchtlingsbezogene Ausgaben zugesagt.

Werden die Kommunen bei der Finanzierung von Geflüchteten allein gelassen?

Acht Perspektiven

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„Viel Tamtam, wenige Resultate“

Deutschlandfunk (DLF), 11.05.2023 - Dirk-Oliver Heckmann

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Bund muss den Kommunen stärker unter die Arme greifen, plädiert der Hauptstadt-Korrespondent Dirk-Oliver Heckmann. „Um längerfristig planen und Konzepte umsetzen zu können, braucht es (…) eine Beteiligung des Bundes, die an die tatsächliche Zahl von Flüchtlingen angepasst ist“, fordert der Kommentator im Hörfunkprogramm DEUTSCHLANDFUNK (DLF).

Zwar sei eine Milliarde mehr als nichts. Doch der Hauptstadt-Korrespondent findet: „Verglichen mit dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und dem 200-Milliarden schweren sogenannten ‚Doppel-Wumms‘ ist sie ein Witz.“ Denn Europa werde noch auf lange Zeit Ziel vieler Geflüchteter bleiben. Und deren Versorgung dürfe nicht an den Ländern und Kommunen hängenbleiben, meint Heckmann.

Auf die „Gemeinsame Europäische Asylpolitik“, die die Bundesregierung laut des Beschlusspapiers weiter voranzutreiben plant, setzt der Kommentator jedenfalls wenig Hoffnung: Die Aussicht, dass es tatsächlich zu Asylverfahren an den EU-Außengrenzen und einem Solidaritätsmechanismus zur Verteilung der Geflüchteten innerhalb Europas kommt, hält er für „mehr als vage“. Auch Migrationspartnerschaftsabkommen seien noch lange nicht in Sicht. „Seit Jahren wird an solchen Rückführungsabkommen gearbeitet – ohne Erfolg“, räumt der Autor ein.

Anmerkungen der Redaktion

Dirk-Oliver Heckmann arbeitet als Hauptstadt-Korrespondent und Moderator für die öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramme DEUTSCHLANDFUNK, DEUTSCHLANDFUNK KULTUR und DEUTSCHLANDFUNK NOVA. Heckmann hat Mittlere und Neuere Geschichte sowie Politikwissenschaft in Gießen studiert und später beim DEUTSCHLANDRADIO volontiert. Er ist außerdem Fellow des RIAS-USA-Programms, das einen Austausch zwischen deutschen und US-Rundfunkjournalist:innen ermöglicht.

Der DEUTSCHLANDFUNK ist 1962 als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegründet worden. Er ist eines der drei bundesweiten Hörfunkprogramme des DEUTSCHLANDRADIOS und hat einen Wortanteil von 80 Prozent. Das Programm beschäftigt sich besonders tagsüber mit tagesaktuellen Geschehnissen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. In den Abendstunden liegt der programmatische Schwerpunkt auf Kulturthemen wie Musik, Hörspielen, Lesungen und entsprechenden Berichten. Der DEUTSCHLANDFUNK sendet klassisch linear, jedoch betreibt er auch eine umfangreiche Audiothek und diverse Podcasts, wo Inhalte auch nicht-linear konsumiert werden können. Laut der Mediaanalyse „ma Audio 2022“ hat der DEUTSCHLANDFUNK in einem abgefragten 4-Wochen-Zeitraum 2022 täglich rund 2,11 Millionen Zuhörer:innen erreicht.

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„Nach dem Streit ist vor dem Streit“

Rheinische Post (RP), 11.05.2023 - Hagen Strauß

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Streit ums Geld wurde beim Migrationsgipfel nur auf die lange Bank geschoben, kritisiert der Parlamentskorrespondent Hagen Strauß: „Denn Verlässlichkeit für die besonders betroffenen Kommunen sieht anders aus“, schreibt er in seinem Kommentar für die Tageszeitung RHEINISCHE POST (RP).

In den ersten vier Monaten dieses Jahres seien bereits 78 Prozent mehr Asylsuchende in Deutschland angekommen als im Vorjahr – zusätzlich zu rund einer Million Geflüchteten aus der Ukraine. Vielerorts mangele es an Kita- und Schulplätzen, Integrationsangeboten und Unterkünften. „Für die Kommunen, und das kann niemand ernsthaft bestreiten, ist das eine immense Herausforderung, an der so mancher Bürgermeister oder Landrat inzwischen schon verzweifelt“, betont Strauß.

Um diesen Missstand zu beheben, reiche eine Milliarde vom Bund bei weitem nicht aus. Doch anstelle von pragmatischen Entscheidungen habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Gipfel ein Maßnahmenbündel vorgetragen, das der Situation nicht gerecht werde: Denn weder Digitalisierungspläne noch eine Reform des europäischen Asylsystems seien imstande, die Situation in den Kommunen zügig zu entschärfen.

Anmerkungen der Redaktion

Hagen Strauß ist Parlamentskorrespondent im Hauptstadtbüro der RHEINISCHEN POST (RP). Zuvor berichtete er über zwei Jahrzehnte hinweg als Teil eines Korrespondentennetzwerkes für verschiedene regionale Tageszeitungen aus Berlin. Strauß ist Mitglied der Bundespressekonferenz und berichtet schwerpunktmäßig über die Unionsparteien sowie die Bildungs- und Verkehrspolitik. Nach einem Politik- und Geschichtsstudium hat er ein Volontariat bei der WESTFÄLISCHEN RUNDSCHAU in Dortmund absolviert.

Die RHEINISCHE POST (RP) ist eine regionale Tageszeitung, die zur „Rheinische Post Mediengruppe“ gehört. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt auf Nordrhein-Westfalen. Die Zeitung wurde 1946 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Düsseldorf. Chefredakteur ist Moritz Döbler. Laut einem Ranking von KRESS.DE war die RHEINISCHE POST die zweitmeist zitierte Regionalzeitung Deutschlands. Die verkaufte Auflage lag im ersten Quartal 2023 bei rund 225.000 Exemplaren. Das entspricht einem Minus von 44 Prozent seit 1998. Trotzdem dominiert die RHEINISCHE POST laut ÜBERMEDIEN den Markt Düsseldorfer Lokalzeitungen und hat andere Lokalangebote weitestgehend verdrängt. Für die Berichterstattung über einen Fall mehrfacher Kindstötung in Solingen hat die RHEINISCHE POST zusammen mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und der BILD eine Rüge des Presserats erhalten. Die RHEINISCHE POST hatte Chatnachrichten eines Kindes veröffentlicht. Die RP gilt als liberal-konservatives Blatt, das politisch der CDU nahesteht. Sie beschreibt sich selbst als „Zeitung für Politik und christliche Kultur“, die für „Demokratie, Freiheit und Menschenwürde“ eintritt.

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„Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt“

Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), 10.05.2023 - Christian Unger

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Die Regierungen von Bund und Ländern dürfen sich bei der Asylpolitik nicht länger von Gipfel zu Gipfel hangeln“, findet der Redakteur Christian Unger. Diese „Politik mit Zentimeter-Sprüngen“ spiele vor allem Rechtsextremen in die Karten: „Der Streit ums Geld kostet auch Vertrauen in die Politik, Vertrauen in eine Lösung der akuten Migrationslage“, gibt er in der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ) zu bedenken.

Aus Ungers Sicht hätte es auf dem Bund-Länder-Gipfel eine Lösung gebraucht, die den Streit zwischen Kommunen, Ländern und der Bundesregierung befriedet. Doch mit beschleunigten Asylverfahren, digitalen Akten, neuen Migrationsabkommen, rigideren Abschiebungen und – „immerhin“ – einer Milliarde Euro mehr vom Bund für die Länder habe das Treffen keinen Durchbruch gebracht: „Das ist ein bitteres Versäumnis – und hilft vor allem rechten Hetzern“, konstatiert Unger.

Das Geld werde den Kommunen nicht reichen, warnt er. Denn seit Jahren steige die Zahl der Menschen auf der Flucht weltweit an – „und mit wachsenden Asylzahlen wird das Zerren und Zanken um Geld weitergehen“. Dieser anhaltende Streit in der Asylpolitik müsse dringend beendet werden, denn er befeuere einen gefährlichen Trend: „Schon jetzt ist die AfD im Umfragehoch in Ostdeutschland“, unterstreicht der Kommentator.

Anmerkungen der Redaktion

Christian Unger ist Redakteur für Politik und Wirtschaft bei der FUNKE ZENTRALREDAKTION. Seine Texte erscheinen unter anderem bei der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ), der BERLINER MORGENPOST und im HAMBURGER ABENDBLATT. Zuvor arbeitete er bei dem Fachmagazin ZENITH – ZEITSCHRIFT FÜR DEN ORIENT, der PRAGER ZEITUNG und der WELT. 2012 war er für zwei Monate bei der NOWAYA GAZETA in Moskau, die dreimal wöchentlich erscheint und heute als eines der letzten unabhängigen Medien in Russland gilt – mittlerweile allerdings nicht mehr in Russland ansässig ist. Ungers thematische Schwerpunkte sind Flucht, Extremismus, Verbrechen im Allgemeinen und Cyberkriminalität im Speziellen sowie soziale Themen. Sein regionaler Fokus liegt dabei auf dem Osten. Er hat Geschichte mit Fokus auf Osteuropa, Osteuropastudien und Politik in Hamburg und Prag studiert.

Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ) ist die größte deutsche Regionalzeitung. Erstmals erschien sie im Jahr 1948. Ihr Hauptsitz ist in Essen, sie erscheint jedoch im gesamten Ruhrgebiet. Im Laufe der Jahre wurden mehrere andere Zeitungen aufgekauft und die „Zeitungsgruppe WAZ“ entstand, die 1997 in „WAZ-Mediengruppe“ umbenannt wurde. Heute wird die WAZ von der Funke-Mediengruppe herausgegeben. Überregionale Themen werden von der Zentralredaktion in Berlin bearbeitet. Chefredakteur der WAZ ist Andreas Tyrock mit seinem Stellvertreter Alexander Marinos. Die Geschäftsführung übernehmen Andrea Glock, Simone Kasik, Thomas Kloß und Christoph Rüth. Wie zahlreiche andere Zeitungen hat auch die WAZ-Mediengruppe stark mit sinkenden Auflagezahlen zu kämpfen. Im ersten Quartal 2023 lag diese bei rund 370.000 verkauften Exemplaren, zu Beginn des Jahrtausends waren es noch knapp dreimal so viele. Dennoch ist die WAZ nach wie vor die größte regionale Tageszeitung in Deutschland.

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„Die Not-Milliarde als Einstieg in den Dialog“

Tagesschau.de, 11.05.2023 - Oliver Neuroth

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Hauptstadt-Korrespondent Oliver Neuroth hält das Ergebnis des Migrationsgipfels zwar für eine Minimallösung – aber dennoch für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Auf dem Online-Nachrichtenportal TAGESSCHAU.DE lobt Neuroth: „Dass Bund und Länder diese Einigung überhaupt erreicht haben – unter den schwierigen Voraussetzungen – ist ein Erfolg.“

Einerseits unterstütze die zugesicherte „Not-Milliarde“ die Kommunen darin, die vielen Menschen in Not zu versorgen. Andererseits sei mit dem Gipfel der Grundstein für einen weiteren Dialog zwischen Bund und Ländern gelegt, um gemeinsam eine Grundsatzentscheidung über die Kosten der Geflüchtetenversorgung zu treffen. Dass die Beteiligten sich ein halbes Jahr Zeit geben, um diese elementare Finanzfrage auszuhandeln, findet Neuroth legitim: „Das ist realistisch, um eine langfristige Lösung zu finden.“

Der Hauptstadt-Korrespondent sieht das Potenzial des Gipfels mit Blick auf den getroffenen Kompromiss voll ausgeschöpft. „An den ganz großen Wurf, an eine komplette Neuaufstellung der Migrationspolitik, hatte sowieso niemand geglaubt“, so Neuroth. Denn in der Asylpolitik seien Hauruckaktionen fehl am Platze – „dafür ist das Thema zu komplex“, meint der Kommentator. „Ein guter Anfang ist gemacht.“

Anmerkungen der Redaktion

Oliver Neuroth ist Korrespondent im Hauptstadtstudio der ARD. Zu seinen Fachgebieten zählen die FDP und die Grünen sowie die Themenbereiche Bauen, Inneres und Verteidigung. Bevor er ins ARD-Hauptstadtstudio wechselte, arbeitete Neuroth als Korrespondent für Spanien und Portugal im ARD-Studio in Madrid.

Das Online-Nachrichtenportal TAGESSCHAU.DE wurde 1996 veröffentlicht und diente zunächst als begleitendes Infoportal zur gleichnamigen Nachrichtensendung der ARD und anderer Nachrichtenangebote von ARD AKTUELL. Heute ist TAGESSCHAU.DE eine der meist aufgerufenen Informationsplattformen, eine Nachrichten-App und ein eigenständiges Medienangebot. Laut eigenen Angaben verzeichnet die Seite etwa 157 Millionen Seitenaufrufe pro Monat. Die Redaktionsleitung hat Juliane Leopold inne, die auch Chefredakteurin Digitales bei ARD-Aktuell ist. Seit 2017 ist über die Website auch das Onlineportal FAKTENFINDER aufrufbar, das Falschinformationen sammelt und einordnet.

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„In der Flüchtlingsfrage gibt es keine einfachen Lösungen“

Augsburger Allgemeine, 09.05.2023 - Christian Grimm

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„Mit Geld beseitigt man (…) Probleme, mit viel Geld große Probleme“: In den Augen des Hauptstadt-Korrespondenten Christian Grimm geht diese Rechnung in der Migrationspolitik nicht auf. In seinem Kommentar in der Tageszeitung AUGSBURGER ALLGEMEINE konstatiert er: „[S]elbst mit noch höheren Zuschüssen können sich Städte und Gemeinden keine Wohnungen, Lehrer und Erzieherinnen backen.“

In den Großstädten und ihren Speckgürteln seien freie Wohnungen Mangelware und es fehle an pädagogischem Personal im ganzen Land. „Einfach ein paar Milliarden nachschieben, und schon ist der Streit zwischen Bund und Ländern vor dem Flüchtlingsgipfel beigelegt? So einfach ist es nicht“, so Grimm. Denn der Neubau sei eingebrochen und wegen der Alterung der Gesellschaft mangele es an jungen Leuten auf dem Arbeitsmarkt.

Grimm sieht die Lösung des Bund-Länder-Streits daher nicht in höheren Summen für die Kommunen. „Die Lehre aus dem Flüchtlingsgipfel (…) müsste eigentlich sein, den Bau bezahlbarer Wohnungen im großen Stil zurück in die Hände des Staates zu legen und die pädagogischen Jobs zu Traumberufen zu machen“, regt er an. Zudem müsse der Bund die Zuwanderung besser steuern und begrenzen: etwa durch Asylverfahren an den EU-Außengrenzen. „Nur wird die Einigung auf konkrete Verfahren und deren Umsetzung – wie es in einem Klub aus 27 Staaten häufig geschieht – einige Jahre dauern.“

Anmerkungen der Redaktion

Christian Grimm ist Journalist und Hauptstadt-Korrespondent für die AUGSBURGER ALLGEMEINE. Der studierte Politikwissenschaftler hat bei der THÜRINGER ALLGEMEINEN volontiert und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Energiewende, der Diesel-Krise, der Konjunkturentwicklung und jungen Unternehmen. Grimm hat unter anderem auch für DOW JONES NEWSWIRE gearbeitet, eine Nachrichtenplattform, die zum WALL STREET JOURNAL gehört.

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE ist eine der größten bayerischen Lokalzeitungen. Sie gehört zur Mediengruppe Pressedruck, die nach Gesamtauflage das bundesweit sechstgrößte Verlagshaus ist. Das Hauptverbreitungsgebiet der AUGSBURGER ALLGEMEINEN ist das bayerische Schwaben und die angrenzenden Teile Oberbayerns. Die verkaufte Auflage inklusive ihrer lokalen Ableger beträgt gegenwärtig rund 268.000 Exemplare (1/2023). Der Online-Auftritt der Zeitung belegte Anfang 2020 laut der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF) Platz 24 der meist aufgerufenen deutschen Nachrichtenportale. Die Redaktionen und Journalist:innen der AUGSBURGER ALLGEMEINEN haben einige Journalistenpreise gewonnen, unter anderem den Theodor-Wolff-Preis und den European Newspaper Award. Die Chefredakteurin der Zeitung ist Andrea Kümpfbeck.

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„Die Länder erpressen den Bund und beuten ihn aus“

Wirtschaftswoche (WIWO), 09.05.2023 - Christian Ramthun

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Der Parlamentskorrespondent Christian Ramthun hält die anhaltenden Forderungen der Länder und Kommunen für überzogen. Immerhin habe das Kanzleramt schon in seinem Beschlussentwurf für den Migrationsgipfel klar vor Augen geführt, wie die finanziellen Verhältnisse zwischen Bund und Ländern aussehen: „Nämlich total schief und einseitig zuungunsten des Bundes“, schreibt Ramthun in der Wochenzeitung WIRTSCHAFTSWOCHE (WIWO).

Mit Blick auf die Beschlussvorlage gehöre es zu den Fakten, dass der Bund bereits in erheblichem Umfang für Kosten aufkomme, die eigentlich von Ländern und Gemeinden zu erbringen seien. Doch dass der Bund zugunsten der Länder verliere, ist nach Ramthun nicht neu. Es sei eine „unselige Entwicklung“ seit mindestens 30 Jahren, dass die „Provinzfürsten“ die Kasse des Bundes immer wieder anzapfen: „Das hat Methode, höhlt den Föderalismus aus – und kostete den Bund zuletzt über 200 Milliarden Euro.“

Hierzu verweist Ramthun auf Zahlen des Bundesrechnungshofs: Demnach verzichte der Bund seit Jahren zugunsten der Länder auf Steuervorteile, durch die es ihm im Planungszeitraum 2022 bis 2026 an rund 202 Milliarden Euro mangele. Zudem fließe Bundesgeld in Bildungseinrichtungen, Städtebauförderung, Digitale Infrastruktur oder aktuell das 49-Euro-Ticket – obwohl die Verantwortung im Kern bei den Ländern und Kommunen liege. „Jetzt müssten die Länder, ja: solidarisch mit dem von Corona-, Energie- und Ukrainekrise gebeutelten Bund sein“, mahnt Ramthun.

Anmerkungen der Redaktion

Christian Ramthun arbeitet seit 1997 als Parlamentskorrespondent für die WIRTSCHAFTSWOCHE und ist Redakteur im Hauptstadtbüro. Seine Schwerpunkte sind Finanzpolitik, CSR, Verbände, Verbraucher- und Agrarpolitik. Davor hat er bei dem Pressedienst Agra-Europe und bei der Wochenzeitung RHEINISCHER MERKUR gearbeitet. Er hat außerdem den Ludwig-Erhard-Förderpreis und den Friedrich und Isabel Vogel-Preis zur Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft gewonnen.

Die WIRTSCHAFTSWOCHE ist eine seit 1926 bestehende überregionale Wochenzeitung mit Sitz in Düsseldorf, deren verkaufte Auflage zuletzt bei etwas über 99.000 lag (1/2022). Sie erscheint im Handelsblatt Verlag, der mit dem HANDELSBLATT eine weitere renommierte Wirtschaftszeitung herausgibt. In ihrer Ausrichtung gilt die Zeitung als wirtschaftsliberal. Die WIRTSCHAFTSWOCHE gehört zu den Pflichtblättern an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt und erfährt Aufmerksamkeit vor allem über ihre Berichterstattung mit Rankings, etwa zu Hochschulen oder Städten. Der Vermarkter Iq Media zeichnet die Hauptzielgruppe der WIRTSCHAFTSWOCHE als männlich, mittelständisch und überdurchschnittlich wohlhabend.

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„Übersicht: So sind Geflüchtete auf die NRW-Kommunen verteilt“

Westdeutscher Rundfunk (WDR), 26.04.2023 - Rainer Striewski, Nándor Hulverscheidt

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Einige Kommunen in NRW nehmen deutlich mehr Geflüchtete auf, als es für sie verpflichtend wäre, stellen die Journalisten Rainer Striewski und Nándor Hulverscheidt fest. Im WESTDEUTSCHEN RUNDFUNK (WDR) veranschaulichen sie, welche Kommunen ihr Soll derzeit erfüllen – und welche nicht.

„Spitzenreiter in NRW ist aktuell Soest“, so die Autoren. Hier liege die sogenannte „Erfüllungsquote“ nach aktuellen Zahlen der Bezirksregierung in Arnsberg bei 183 Prozent. Doch damit sei Soest kein Einzelfall: Laut des Beitrags bringen derzeit 29 weitere Kommunen deutlich mehr Geflüchtete unter, als es für sie verpflichtend wäre – etwa Unna mit 171, Nettersheim mit 163 oder Oberhausen mit 134 Prozent.

Gleichzeitig gebe es in Nordrhein-Westfalen Kommunen, die unter ihrem errechneten Soll liegen. „Hürth oder Bottrop etwa haben eine Erfüllungsquote von 83 Prozent, müssten also eigentlich noch Flüchtlinge aufnehmen“, so Striewski und Hulverscheidt. Die Zuweisung erfolgt in NRW durch die Bezirksregierung Arnsberg: Diese richtet sich dabei nach einem Verteilschlüssel, der etwa die Einwohneranzahl sowie den Flächenanteil einer Kommune berücksichtigt.

Wenn es in einer Kommune Unterbringungseinrichtungen des Landes gibt, werden die dort vorgehaltenen Plätze zum Teil von der Aufnahmeverpflichtung abgezogen. Laut des WDR-Beitrags verfügt NRW derzeit über 44 Landesunterkünfte mit insgesamt rund 30.000 Plätzen. Das Land plane jedoch, das Angebot kurzfristig auf 34.500 Plätze auszubauen. „Angesichts von knapp 270.000 Geflüchteten in NRW insgesamt müssen den Großteil aber weiterhin hauptsächlich die Städte und Gemeinden stemmen“, so die Autoren. 

Anmerkungen der Redaktion

Rainer Striewski berichtet für den WDR über die Landespolitik in Nordrhein-Westfalen. Er hat Literaturwissenschaft und Politik studiert und später für das Fernsehen gearbeitet. Hier kam er 2001 auch zum WDR, für den er seither tätig ist. Neben der Landespolitik berichtet Striewski auch über die Pflege und Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen.

Nándor Hulverscheidt ist Redakteur beim WDR. Dort arbeitet er vorrangig an digitalen Projekten: etwa an der Pilotstaffel „Heimwehpixel“, die mithilfe des Computerspiels Minecraft Heimwehorte zum Leben erwecken soll. Zudem setzte Hulverscheidt die Kandidat:innen-Checks zur Bundestagswahl und zur NRW-Landtagswahl um.

Der WESTDEUTSCHE RUNDFUNK (WDR) ist die größte der neun Landesrundfunkanstalten der ARD. Er entstand 1956, als sich der NWDR in den NDR und den WDR aufteilte. Die Sendeanstalt hat sechs Radioprogramme und einen Fernsehsender, zu dessen bekanntesten Programmen unter anderem das Politmagazin „Monitor“, die „Sportschau“ oder das Kinderangebot „Die Sendung mit der Maus“ gehören. Laut eigenen Angaben ist der Sender nach Anzahl der Beschäftigten das zweitgrößte Medienunternehmen Europas hinter der BBC. Laut der „Media-Analyse 2021“ erreicht der Fernsehsender des WDR in Deutschland täglich rund 8 Millionen Zuschauer:innen, der Radiosender rund 11 Millionen Zuhörer:innen. Der Webauftritt des WDR hatte im Januar 2023 laut Similarweb rund 14,3 Millionen Besuche zu verzeichnen.

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„‚Wir haben viel von 2015-2016 gelernt‘“

Mediendienst Integration, 10.05.2023 - Miriam Koch, Fabio Ghelli

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Das Ergebnis des Migrationsgipfels ruft in vielen nordrhein-westfälischen Sorgen auf den Plan. Doch es gibt in NRW auch Kommunen, in denen die Aufnahme von Geflüchteten gut funktioniert. Miriam Koch, Beigeordnete für Kultur und Integration in Düsseldorf, hat mit dem Journalisten Fabio Ghelli in einem Interview für den MEDIENDIENST INTEGRATION über ein Positivbeispiel aus Düsseldorf gesprochen.

Als im ersten Halbjahr 2022 Hunderttausende ukrainische Geflüchtete nach Deutschland kamen, seien die Bedingungen in der Landeshauptstadt durch den ohnehin knappen Wohnraum zunächst sehr schwierig gewesen. Um den Bedarf zu decken, ging Düsseldorf aber einen ungewöhnlichen Weg: Die Stadt mietete Hotels und später auch Apartmenthäuser an. „Als klar wurde, dass die meisten Menschen eine langfristige Bleibe benötigen, hatte dies den Vorteil, dass es in den Wohneinrichtungen zum Beispiel eine Küche gab, um sich selbst zu versorgen“, berichtet Koch.

Laut der Beigeordneten wurde zur Koordination innerhalb weniger Tage eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet, die sich ausschließlich dieser Aufgabe widmete. Dabei wurde eng mit umliegenden Kommunen zusammengearbeitet, um Leerstände effizient zu nutzen. So sei mithilfe von Bussen und Taxis ein Shuttle-System für die Verteilung eingerichtet worden. „Zum Teil hatten wir das schon 2015-2016 geübt“, so Koch. Als wirtschaftsstarker Standort habe Düsseldorf zwar mehr finanzielle Mittel gehabt als manch andere Kommune. „Auf der anderen Seite sind die Kosten für Wohnraum und Infrastruktur entsprechend höher“, merkt sie an.

Im Vergleich zur Migrationskrise in den Jahren 2015 und 2016 sei der Zustrom aus der Ukraine aufgrund der visafreien Einreise insgesamt leichter zu händeln gewesen. Auch gelte für Ukrainer:innen durch die sogenannte EU-Massenzustrom-Richtlinie die Besonderheit, dass sie kein normales Asylverfahren durchlaufen müssen, um einen Aufenthaltstitel zu bekommen. Auf diese Weise seien die ukrainischen Geflüchteten unmittelbar imstande, einen Integrationskurs zu besuchen oder einen Job anzutreten. „Hätten wir diese Möglichkeit 2015-2016 gehabt, hätte die Aufnahme und Erstintegration damals auch besser funktioniert“, glaubt Koch.

Dennoch sei es „harte Arbeit“, so viele Geflüchtete aufzunehmen. In Düsseldorf habe zudem schon vor dem Krieg die größte ukrainische Community in Nordrhein-Westfalen gelebt – und viele Menschen aus dem Kriegsgebiet wollten zu ihren Bekannten und Verwandten. „Wir haben 2022 insgesamt rund 10.000 Menschen untergebracht“, betont Koch – und trotzdem habe das Aufnahmesystem funktioniert. „Und es funktioniert immer noch.“

Anmerkungen der Redaktion

Miriam Koch ist Beigeordnete für Kultur und Integration der Landeshauptstadt Düsseldorf. Von 2015 bis 2018 war sie zunächst die erste Flüchtlingsbeauftragte der Stadt Düsseldorf. Sie hat Bibliothekswesen in Hannover studiert. Seit 2004 ist sie in der Politik aktiv: zunächst als Büroleiterin des Fraktionsvorsitzenden der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Niedersächsischen Landtag, später zusätzlich als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie hat 2014 außerdem für die Grünen als Bürgermeisterin für Düsseldorf kandidiert.

Fabio Ghelli ist Redakteur beim MEDIENDIENST INTEGRATION und leitet dort auch die Pressegespräche. Er hat Griechische Philologie und Anthropologie in Pisa und Theaterwissenschaften in Osaka in Japan studiert. Er schreibt für italienische und deutsche Medien, darunter die ZEIT, der SPIEGEL, IL MANIFESTO und das RADIO POPULARE.

MEDIENDIENST INTEGRATION ist eine Informationsplattform, die Journalist:innen Informationen zu Migration, Integration und Asyl in Deutschland bietet. Auf der Plattform finden sich geprüfte Zahlen und Fakten, Hintergrundberichte, Recherchen und Gastbeiträge zu diesen Themen. Der MI fungiert außerdem als Netzwerk, das Expert:innen und Wissenschaftler:innen zusammenbringt und an andere Medien vermittelt. Redaktionsleiterin des MI ist die TAGESSPIEGEL-Journalistin Cordula Eubel. Das Projekt wird getragen vom „Rat für Migration e.V.“, einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforscher:innen. Finanziert wird der MI unter anderem vom Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie verschiedenen Stiftungen.